MR 2015 Garmisch14 rund ums Herz gen, ob es sich um die Folgen einer abgelau- fenen und/oder chronischen Myokarditis oder um die einer primären Kardiomyo- pathie handelt“, berichtet Kramer. „Auf- grund seines jungen Alters gehen wir davon aus, dass der Patient keine Koronare Herz- krankheit (KHK), also kein ischämisches Problem hat, sondern eine andere Form der Herzerkrankung.“ Mit der Basismethode Echokardiographie ist das nicht weiter zu differenzieren. Bestätigt der Patient, keinen vorangegangenen Infekt gehabt zu haben, und der Methode der Narbendarstellung mittels des late enhancement kann ein aku- tesvoneinemchronischenInfarktgeschehen unterschieden werden. Die mikrovaskuläre Obstruktion (MVO) ist eine typische Be- gleiterscheinung eines akuten, reperfun- dierten Infarktes und geht mit einer ver- schlechterten Prognose einher, eine weitere Begleiterscheinung kann das Einbluten in einen akuten Infarkt sein, das mit T2* ge- wichteten MR-Bildern gut zu erkennen ist (Abb.1).„Dasistebenfallseinprognostisch ungünstiger Aspekt für den Patienten“, so der Radiologe. ist die Wahrscheinlichkeit für die Manife- stationeiner Myokarditissehrgering,undes muss eine primäre Kardiomyopathie ausge- schlossenwerden.AusErfahrungistKramer vorsichtig: „Es gibt durchaus Patienten, die leichte Infekte hatten, sich seitdem nicht mehr so fit fühlen und eine eingeschränkte sportliche Leistungsfähigkeit beklagen. DiesewerdenoftunterderVerdachtsdiagno- se einer Myokarditis behandelt, man emp- fiehltihneneine Sportkarenzvonmehreren Monaten und dann wird das schon wieder“, so Kramer. „Das ist tückisch, denn ein nicht unerheblicher Prozentsatz von Patienten hat keine Myokarditis, sondern eine Kardiomy- opathie, und die werden dann monatelang unterderAnnahmeeinerfalschenDiagnose behandelt.“ MRT kommt zu Hilfe An diesem Punkt hilft die MRT als ergän- zendes,bildgebendesVerfahren.Dankihres intrinsisch hohen Weichteilkontrastes kann sie zunächst objektiv die eingeschränkte Risikoabschätzung Myokard Heutzutage können Radiologen aber noch viel differenziertere Daten mit der MRT er- halten. Ein neuer Aspekt in der Prognoseab- schätzung ist die Ermittlung der diffusen Fibrosierung des Myokards. Der MR-Ge- webedifferenzierung ist nicht mehr nur die Bestimmung der Infarktgröße, und ob es sich um einen akuten oder chronischen In- farkt handelt vorbehalten. Mittlerweile kön- nen Diagnostiker mit der T1-, T2-Mapping- MRT und der extra-zellulären Volumenbe- stimmung auch diffuse Veränderung des Myokards quantifizieren. Gutberlet: „Die absolute Quantifizierung ist das neueste Feld für die Prognoseabschätzung mittels MRT, wozu wir bereits eine ganze Men- ge Daten haben.“ Bereits diffuse Verände- rungen des Myokards haben prognostische Bedeutung zum Beispiel für die Herzinsuf- fizienz oder die Entstehung von Herzrhyth- musstörungen. Angeborene Herzfehler Prognoseabschätzungen werden aber auch bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern durchgeführt. „Die Zahl dieser Patienten ist zwar nicht steigend, aber immer mehr Men- schen erreichen das Erwachsenenalter auf- grund verbesserter Therapieverfahren. Mit der MR-Flussmessung können wir in sol- chen Fällen die Quantifizierung von Insuf- fizienzen der Klappen zum Beispiel nach ei- ner Operation ermitteln“, erklärt Gutberlet. Durch Daten, wie Funktion der Herzkam- mern, Narbengewebe und Fibrosedarstel- lung können Radiologen ein sehr differen- ziertes Bild über den Zustand des Patienten geben und eventuelle Re-Operationen zeit- gerecht einplanen. „Auch in diesem Bereich sind die neuen MRT-Techniken sehr hilf- reich, um die Prognose zu verbessern“ (Abb. 2), so der Professor. Ventrikelfunktion verifizieren, darüber hi- naus aber auch Hinweise liefern, ob es sich um postentzündliche Veränderungen oder um eine als primär einzustufende Kardi- omyopathie handelt. „Nach Kontrastmit- telapplikation sind bei der Myokarditis häufig charakteristische postentzündliche Die kardiale MRT erlaubt eine Unterscheidung zwischen is- chämischen und nicht-ischä- mischen Herzerkrankungen. Aus klinischer Sicht können nicht-ischä- mische Herzerkrankungen bisweilen schlechtzudifferenzierensein.Insbesondere die Unterscheidung zwischen einer entzünd- lich bedingten Myokarditis und einer pri- mären Kardiomyopathie stellt eine gewisse Herausforderung dar, da sich die klinischen Symptome kaum unterscheiden. Prof. Ulrich Kramer, Stellvertretender Ärzt- licher Direktor am Institut für Diagnos- tische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikum Tübingen, schildert folgenden Fall: Ein junger Patient fühlt sich schlapp und abgeschlagen und klagt über eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Die durchgeführte Echokardiographie zeigt eine eingeschränkte Ventrikelfunktion so- wie einen deutlich dilatierten linken Ven- trikel. „Damit haben wir zwar einen Grund für seine Symptome, können aber nicht sa- Auftreten weiterer kardialer Ereignisse wie zum Beispiel Rhythmusstörungen“, erklärt der Spezialist. Mithilfe ödemsensitiver T2- gewichteter Sequenzen in der Kardio-MRT Zwei Krankheiten, ein Bild Herz – die MRT prognostisch nutzen FestsaalWerdenfels Fr.,30.01.17:35-17:50Uhr DieRollederkardialenMRT zurPrognoseabschätzung M.Gutberlet/Leipzig Session:KardialeBildgebung Veranstaltung Noch normal großer linker Ventrikel (EDV 130 ml) mit regionaler Wandbewegungs- störung der lateralen Wand sowie Nachweis eines fleckförmigen, teils mittmyokardialen, teils epikardialen Late Enhancements, typisch für Myokarditis. Abb. 1: Patient mit einem akuten Anteroseptal- infarkt mit ausgeprägtem Ödem (a) in der STIR- Sequenz (Pfeile), mikrovaskulärer Obstruktion (MVO) im „late enhancement“ (b) und Einblutung in der T2*-gewichteten Sequenz (c) und im Para- meterbild (d). Aus Kandler et al. (2014) Eur Radiol. Abb. 2: MR-Darstellung der Morphologie (A, C) und des 2-dimensionalen Flusses (B) einer bikuspiden Aortenklappe und der Folgen für den Fluss in der dilatierten Aorta aszendens ermittelt mit Hilfe der MR 4D-Flussmessung mit Wirbel- bildung (D) und erhöhtem systolischen Fluss (E). (Abbildungen modifiziert aus: Gutberlet: Bildgebende Di- agnostik und Therapie angeborener Herzfehler, Thieme- Verlag (2015) und nicht veröffentlichte Rekonstruktionen (D,E) Ben Köhler – Uni Magdeburg) Patient mit dilatativer Kardio- myopathie (DCM). Neben einem beidseitigen Pleuraerguss (links mehr als rechts) erkennt man eine globale Dilatation beider Herzkam- mern mit einem linksventrikulären enddiastolischen Diameter (LVEDD) über 5,5 cm, einem enddiastolischen Volumen von 240 ml und einem mittmyokardialen linearen Late Enhancement des basalen Ventri- kelseptums. Zusätzlich Nachweis einer konsekutiven Trikuspidal- und Mitralklappeninsuffizienz. Prof. Dr. Matthias Gutberlet ist seit 2007 Leiter der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Herzzentrum der Universität Leipzig. Seine Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen unter anderem im Dopple- rultraschall und in der kardialen CT und MRT vor allem bei Patienten mit ange- borenen Herzfehlern, Kardiomyopa- thien, Myokarditis und koronarer Herz- krankheit (KHK). Seine medizinische Ausbildung erfuhr Gutberlet in Marburg und Berlin, wo er auch seine Habilitati- onsarbeit in diagnostischer Radiologie zum Thema „MR bei angeborenen Herz- fehlern“ vorlegte. Er ist Vorsitzender der AG Herz- und Gefäßdiagnostik in der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) und seit Oktober 2014 Vorsitzender der Europäischen Gesellschaft für Herzradi- ologie (ESCR). Die MRT wird zur Prognoseab- schätzung im klinischen Alltag bei kardialen Erkrankungen si- cher bei der koronaren Herzer- krankungundhierinihrerextremstenForm, nach einem Herzinfarkt, am häufigsten ein- gesetzt. Der Spezialist für kardiale Bildge- bung, Prof. Matthias Gutberlet und Leiter der Abteilung für Diagnostische und Inter- ventionelle Radiologie des Herzzentrum – Universität Leipzig, nutzt die Kardio-MRT, unter anderem, um wichtige Daten zur Ri- sikostratifizierung und Prognoseabschät- zung bei Patienten mit akutem Herzinfarkt zu erhalten. Bei der Prognoseabschätzung werden die Folgen eines Herzinfarktes bestimmt. „Mit- hilfe der MR-Bildgebung können wir ver- schiedene Aspekte des Infarktes darstellen – den Erfolg der akuten Therapie sowie po- tenzielleRisikenundBegleiterscheinungen“, kommentiert Gutberlet. Dazu werden die Herzfunktionen und die Größe der beiden Herzkammern angeschaut – beides Felder, auf denen die MRT seit vielen Jahren der Goldstandard ist. „Je schlechter die Herz- funktion, desto schlechter ist auch die Pro- gnose für die Lebenserwartung oder das