Das letzte geheimfis bleibt die axofale ebefe S eit dem Jahr 2000 beschäftigt sich PD Dr. Hannes Gruber, leitender Oberarzt der Radiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck, mit der peri- pheren Nervensonographie. Wo zu Beginn noch die Frage im Raum stand, ob sich Nerven im Ultraschall überhaupt erkennen lassen, ist man heute so weit, einzelne Schwannome und spezielle Neuropathien gezielt nachweisen zu können. So ist die Sonographie auch auf diesem Gebiet zur First-Line-Modalität avanciert, wie PD Dr. Gru- ber in seinem Anwenderseminar eindrucksvoll unter Beweis stellt. „Wenn ich mich zurück erinnere, lag vor knapp zwanzig Jahren der Fokus noch ganz klar darauf, die großen Nervenbahnen, wie den Ner- vus ischiadicus oder den Nervus medianus, mit der Sonographie zu erkennen. Wir wollten Patho- logien sichtbar machen und stellten uns die Frage, wie man Interventionen und Infiltrationen statt- finden lassen kann und welche therapeutischen Optionen zur Verfügung stehen“, blickt PD Dr. Gruber zurück. Ziel war es, die Möglichkeiten der bildgebenden Diagnostik aufzuzeigen, sei es traumatologisch beispielsweise am Plexus brachi- alis relevante Verletzungen festzustellen oder auch Tumordiagnostik zu betreiben. Fortschritt durch Frequenz „Die mittlerweile hervorragende Bildqualität des Ultraschalls ist ein immenser Vorteil. Als wir vor vielen Jahren mit den Kollegen Buch- berger und Bodner begannen, waren wir schon froh, Nerven eindeutig definieren zu können. Wir konnten damals zwar bereits mit linearen Breitbandschallköpfen operieren, aber die Fre- quenzgänge lagen maximal bei nur 7 bis 8 Me- gahertz“, so Gruber. Mit 10 bis 12 Megahertz in den Folgejahren ließ sich schon die innere Textur der großen peripheren Nerven, wie dem Nervus medianus, erkennen. „Der darauffolgende inno- vative Sprung 2006/2007mit über 15 Megahertz ermöglichte es dann mit Einschränkungen bei der Eindringtiefe, präzise Aussagen über spezifische neurale Pathologien zu treffen. Heute bieten ein- zelne Hersteller wie z.B. Toshiba oder GE Sonden mit über 20/24 Mhz an, womit meines Erachtens wahrscheinlich eine natürliche Grenze der dia- gnostischen Relevanz der Darstellbarkeit erreicht ist“, resümiert der Sonographie-Experte. Einzig die axonale Ebene bleibt noch verbor- gen und damit die Möglichkeit, zum Beispiel demyelinisierende von axonalen Neuropathien mit einem Blick zu differenzieren. „Die schnelle Diagnose ist allerdings auch für den geübten Neu- rologen oder Elektrophysiologen eine Herausfor- derung. Wobei der Zeitfaktor gerade bei diesen Erkrankungsbildern therapeutisch relevant ist, da die zügige Einleitung der Therapie mit Cortison, die Cortison-Stoßtherapie oder Immunelektro- phorese angezeigt ist“, erklärt Gruber. Eine um drei Monate verzögerte Diagnose könne für den Patienten bereits zu spät sein. „Allerdings gibt es mittlerweile sehr gute Messalgorithmen, die zum Beispiel der Dr. Alexander Grimm entwickelt hat, der spezifische Nervenquerschnitte verschiedener Nerven im ganzen Körper sonographisch ver- misst – eine sehr elegante Methode, um schnell diagnostische Aussagen treffen zu können. Vor sechs, sieben Jahren hätte man sich derartiges noch gar nicht vorstellen können“, zeigt sich Gruber begeistert. KÖNNeN & KONTRAST Die Sonographie als Allroundtalent In der Traumatologie ist das Zeitfenster für die Diagnose relevant verletzter peripherer Nerven recht eng. Um eine nicht regenerierbare neuro- muskuläre Atrophie zu vermeiden, müssen sol- cherlei Verletzungen jedenfalls innerhalb der fol- genden sechs Monate therapeutisch versorgt sein. Hier leistet die Sonographie sehr gute Dienste. „Auch im Bereich der Kompressionssyndrome, wie beim Kapillartunnelsyndrom oder dem Kubital- tunnelsyndrom, ist die periphere Nervensonogra- phie inzwischen genauso gut wie die Elektrophy- siologie und fix etabliert“, macht Gruber deutlich. Auch morphologisch zur Tumorerkennung ex- traneuraler Tumoren, die das klinische Erschei- nungsbild einer Neuropathie abgeben können, ist die Sonographie als Initialdiagnostikum un- schlagbar. Die Fragestellung, ob ein Tumor neben einem Nerven oder in einem Nerven liegt, lässt sich schnell und zutreffend beantworten. „An die- ser Stelle ist die Bildgebung mit Ultraschall Stan- dard, um eine weitere, auch orthopädisch-chirur- gische Therapie einzuleiten, da Nerventumoren grundsätzlich nicht biopsiert werden sollen. Die Gefahr, durch die Biopsie umliegende oder wei- terführende Nervenbahnen zusätzlich irreparabel zu schädigen, ist zu groß“, verdeutlicht Gruber. „Grundsätzlich sind alle morphologisch basierten Diagnosen dank Sonographie exzellent nachweis- bar. Auch im Bereich der Neuropathien lässt die Sonographie teils bessere Ergebnisse erwarten als die Elektrophysiologie“, fasst Gruber zusammen. Natürlich hat auch die Sonographie ihre blin- den Flecken: „Immer dort, wo der Ultraschall abgeschattet wird, wo er wenig Platz hat, ist er unvorteilhaft. An der Wirbelsäule zum Beispiel, am Thorax-Wirbelsäulenübergang detektiert die Sonographie Tumoren nur mäßig gut, weil sie Neurofibrom Tufifg beim Ultraschall Z wischen Sonografie-Geräten aus den heißt, ein Gespräch via Übersetzungsprogramm führen zu müssen. Zusätzlich liefert eine de- taillierte Anamnese unverzichtbare Informati- onen“, erklärt Stefan Meng. „Die Sonografie ist bei Lymphknotenveränderungen am Hals aber auch deshalb so leistungsfähig, weil sie bis auf die Retropharyngeal- und die tiefe Parapharyngeal- Region alle Abschnitte im Hals hochaufgelöst abbildet. Wird sie in unklaren Fällen mit einer ultraschallgezielten Stanzbiopsie für einen histo- logischen Befund kombiniert, ist sie anderen Me- thoden noch weiter überlegen, begünstigt auch dadurch, dass eine ausschließlich retropharynge- ale Lymphknoten-Veränderung selten vorkommt.“ Wichtigster Modus: ein optimales B-Bild Die Sonografie ist essenziell zur Detekti- on von Metastasen epithelialer Tumore und Lymphome sowie auch entzündlicher Verände- rungen oder Abszesse. In seltenen Fällen können Lymphknotenveränderungen Symptome einer Tuberkulose, Sarkoidose sowie beispielsweise der gutartigen Kikuchi Lymphadenopathie oder gar eines Morbus Castleman sein. „Der wichtigste Modus zur Diagnose ist ein optimales B-Bild. Dafür ist ein Ultraschallgerät mit hoher räum- licher und zeitlicher Auflösung unerlässlich. Auch die digitale Nachbearbeitung des Bildes kann die Perzeption von Pathologien enorm verbessern.“ Abgesehen vom klassischen Ultraschall legt Dr. Meng Wert auf die Farbdoppler-Funktion. „Diese ist unabkömmlich zur Beurteilung der Gefäßar- chitektur innerhalb der Lymphknoten und zur Detektion von Neovaskularisationen, die symp- tomatisch für blastomatöse Veränderungen sein können. Die Analyse der Flusskurve via Pulsed- Wave-Doppler ist dagegen weniger zielführend und in jedem Fall zeitraubend.“ Erfolg verspricht ebenso der Einsatz von Ultraschall-Kontrastmitteln. „Laut EFSUMB- Guideline ist aber die Ultraschall-Kontrastmittel- gabe bei Lymphknoten nicht für den Routinebe- trieb empfohlen. Besteht jedoch die Möglichkeit sie durchzuführen, steigert sie die Sensitivität und ermöglicht, nicht-mikrovaskularisierte Areale zu detektieren.“ In Zukunft könnte jedoch die Gleicher Lymphknoten visualisiert mit Kontrastmittel frühen 2000er Jahren und aktuellen Systemen liegen Welten, die bei der Diagnose von Lymphknotenverände- rungen den entscheidenden Unterschied ausma- chen, konstatiert PD Dr. Stefan Meng, Radiolo- ge im Zentralröntgeninstitut des Wiener Kaiser- Franz-Josef-Spitals. Selbst die innovativen Justie- rungsmöglichkeiten moderner Geräte werden zu selten genutzt, dabei sind sie im Dreiklang aus detaillierter Anamnese, direktem Patientenkon- takt und progressiver Technik unverzichtbar, so der Wiener Radiologe. „Der große Vorteil des Ultraschalls im Ver- gleich zu CT und MRT ist der direkte Kontakt mit dem Patienten und die Möglichkeit, Bildge- bung und Patientenrückmeldung unmittelbar zu korrelieren. Die Diagnostik der Lymphknoten- pathologie sollte immer im engen Patientenaus- tausch erfolgen – auch wenn das im Zweifelsfall Gefäßarchitektur eines suspekten zervikalen Lymphknotens, visualisiert durch hochsensitive Dopplertechnik 16 Der pohograf Priv. Doz. Dr. Hannes Gruber, MD, studierte Humanmedizin an der Leopold Franzens Uni- versität in Innsbruck und promovierte zum Doktor der gesamten Heilkunde in 1998. 2007 legte er die Facharztprüfung und Anerkennung zum Facharzt für Radiologie ab und habilitierte zum Thema „Hochauflösender Ultraschall des peripheren Nervensystems“ Seit 2011 ist er leitender Oberarzt der Einheit für Radiologisch- Diagnostische und Interventionelle Sonogra- phie der Medizinischen Universität Innsbruck. erst ab einer gewissen Größe überhaupt entdeckt werden können.“ „Viele Spezialisten, die sich mit dem Thema periphere Nervensonographie auseinanderset- zen, gibt es derzeit nicht, obwohl die DEGUM dieses Gebiet in ihr Curriculum aufgenommen hat. Meist wird mehr oder weniger autark in der Neurologie ausgebildet“, so Gruber mit einem ab- schließenden Rat an alle Praktizierenden: „Schau- en Sie sich die Nervensonographie einfach einmal an. Sie ist ein elegantes und gar nicht so schwer zu erlernendes Gebiet der Sonographie.“ Veranstaltungen Raum: Split-Meeting 6+7 Mittwoch, 11. Oktober 2017, 11:15 – 12:00 US - Nervendiagnostik 2: etablierte Nervendiagnostik Nerventumore Hannes Gruber (Innsbruck/AT) PD Dr. Stefan Meng ist als Radiologe im Zen- tralröntgeninstitut des Wiener Kaiser-Franz- Josef-Spitals primär im Ultraschall tätig. Die Schwerpunkte seiner klinischen bzw. wissen- schaftlichen Tätigkeit liegen auf den Gebieten Ultraschall, Kopf/Hals und neuromuskuläres System. Der in Wien geborene Radiologe, der in seiner Heimatstadt studierte und seine Facharztausbildung im Kaiser-Franz-Josef- Spital absolvierte, ist Vortragender in verschie- denen postgraduellen Ultraschallkursen. Meng ist auch stellvertretender Leiter des Arbeits- kreises Kopf/Hals der Österreichischen Gesell- schaft für Ultraschall in der Medizin (ÖGUM) und Reviewer für Fachzeitschriften. moderne, sehr sensitive Farbdoppler-Technik die Indikation zur Kontrastmittelgabe für die Lymphknotendiagnostik überflüssig machen, vermutet Meng. „Ein außerordentlich sensitiver Farbdoppler könnte die Detektionsrate von Non- Vaskularisationsarealen auf Kontrastmittelniveau heben.“Die Zukunft des Ultraschalls verfolgt der Radiologe mit großem Interesse. „Während wir beispielsweise noch auf den Durchbruch der Elas- tografie in der Lymphknotendiagnostik warten, könnte die Entwicklung von Systemen, die einen 3D-Volumendatensatz generieren, die interdis- ziplinäre Visualisierung zur OP-Planung bezie- hungsweise zum Staging entscheidend verbessern. Dieses Verfahren ist allerdings noch nicht ganz reif für den breiten Routineeinsatz.“ einstelloptionen intensiv nutzen Sehr wichtig sei es jedoch, die bereits vorhandenen Möglichkeiten intensiv zu nutzen. „Moderne Ul- traschallgeräte bieten so viele Einstelloptionen, die Bildgebung zu optimieren. So können die Ultraschallsysteme zum Beispiel Kanten anheben, Schärfe einstellen, das Bild über ein Zeitintervall mitteln und so dabei helfen, die Wahrnehmung für die verschiedenen Strukturen zu schärfen. Ob konturreich oder kontrastarm, jeder muss selbst eruieren, auf welche Bildkomposition er besser re- Veranstaltungen Raum: Split-Meeting 6+7 Mittwoch, 11. Oktober 2017, 9:30 - 10:00 AWS 2 Nervensonografie Nervendiagnostik 1: Hohe Frequenzen ... hohe Wirkung Häufige Fälle Stefan Meng (Wien/AT)/ Wolfgang Grisold (Wien/AT) Raum: Split-Meeting 6+7 Mittwoch, 11. Oktober 2017, 15:45 - 16:30 AWS 2 Nervensonografie Nervendiagnostik 3: Neue Wege... Seltene Fälle Stefan Meng (Wien/AT)/ Wolfgang Grisold (Wien/AT) agiert. Ohne weitere Auseinandersetzung mit dem System einfach irgendwelche Settings zu überneh- men, ist sicher die langfristig mühsamste Arbeits- weise.“