Die CT als Herzensangelegenheit

Patienten, die mit diffusen Herzschmerzen in die Klinik kommen, brauchen vor allem eines: Eine schnelle und sichere Diagnose. Die CT-Angiographie (CTA) hat sich in den letzten Jahren als wichtiges Instrument in der Diagnostik der koronaren Herzerkrankung etabliert. Jetzt zeigt sich, dass eine CTA-Untersuchung darüber hinaus zusätzliche, wertvolle prognostische Informationen erfasst.

Dreidimensionale Darstellung einer CT-Angiographie der Herzkrankgefäße ohne...
Dreidimensionale Darstellung einer CT-Angiographie der Herzkrankgefäße ohne Anhalt für einen Koronarstenose.

Diese nutzen Ärzte mehr und mehr, um für Menschen mit akuten Herzerkrankungen verlässliche Prognosen für den weiteren Krankheitsverlauf erstellen zu können.

Dr. Fabian Bamberg, Assistenzarzt am Institut für klinische Radiologie des Klinikums der Ludwigs Maximilians Universität München, hat sich mit mehreren Studien zur Wertigkeit der CTA beschäftigt. Die CTA zählt für ihn zu den verlässlichsten Instrumenten, um Akutpatienten gut versorgen und behandeln zu können: „Wir untersuchen mit der CTA sehr häufig Patienten, die mit akuten Thoraxschmerzen, aber ohne Hinweis auf ein Koronarsyndrom zu uns in die Notaufnahme kommen.“

Die zentrale Frage, die dort rasch und sicher beantwortet werden muss, um die weitere Therapie schnellstmöglich einzuleiten oder den Patienten nach Hause zu entlassen: Löst eine Stenose die Herzbeschwerden aus? Aufgrund des rasanten technologischen Fortschritts hat sich die Radiologie in dieser Frage entscheidend weiterentwickelt. In den vergangenen 15 Jahren kamen immer wieder Weiterentwicklungen auf den Markt, die die gewünschten Ergebnisse in präziserer Qualität liefern. Die hochmodernen CT-Scanner benötigen zudem nur eine geringe Strahlendosis und arbeiten im Wesentlichen unabhängig von der Herzfrequenz.

Damit hat sich die CT-Angiographie als diagnostische Alternative zur Untersuchung mittels Herzkatheter etabliert. „Die CTA arbeitet nichtinvasiv und schont den Patienten. Innerhalb von ein paar Sekunden oder neuerdings sogar nur in etwa einer Sekunde liefert sie aussagekräftige, submillimetergenaue Bilder des gesamten Herzens und der koronaren Veränderungen“, sagt Bamberg. Anhand der Daten lässt sich die Frage, ob eine Verengung der Blutgefäße vorliegt, blitzschnell beantworten. „Diese Kombination aus hoher Akquisitionsgeschwindigkeit und präziser Detailgenauigkeit ist der entscheidende Vorteil einer CTA“, so Bamberg. „Vor Jahren mussten die Patienten noch etwa 20 Sekunden lang die Luft anhalten, um die Untersuchung nicht zu stören – eine Erwartung, die den Betroffenen in akuten Notsituationen kaum abverlangt werden kann.“

Radiologe Bamberg hat zudem in einer Metaanalyse Daten von rund 7.500 Patienten ausgewertet und herausgefunden, dass sich die CTA auch für weitere Anwendungsgebiete anbietet. „Wir haben herausgefunden, dass eine CT-Angiographie nicht nur bei Patienten mit einer akuten diffusen Brustschmerzsymptomatik oder einer stabilen Angina Pectoris mit einer geringen bis mittleren Wahrscheinlichkeit für eine signifikante Koronare Herzkrankheit angezeigt ist, sondern auch eine prognostische Relevanz hat.“

Die Bilddaten der Untersuchungen zeigen zudem auch, ob und wie viel nichtsignifikante, atherosklerotische Veränderungen vorhanden sind. Die Plaque kann – sowohl im kalzifizierten wie im nichtkalzifizierten Zustand – in allen drei Herzkranzgefäßen erkannt und in ihrem Ausmaß quantitativ abgeschätzt werden. Zum Beispiel: Patienten mit vielen Kalkablagerungen an den Gefäßen und starken koronaren Veränderungen haben mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahren ein Ereignis, also einen Herzinfarkt. „Wir nennen dies ‚major adverse cardiac events‘, kurz MACE. Mit einer CTA erhalte ich viele wichtige Daten schon zu einem frühen Zeitpunkt und das ist ein großer Vorteil für die weitere Behandlungsplanung“, erläutert Dr. Bamberg.

Die Auswertung der Metaanalyse erlaubt zudem eine Aussage über den wahrscheinlichen Verlauf einer Erkrankungen zu treffen: „Anhand der Daten, die wir ausgewertet haben, zeigte sich, dass Patienten mit Plaque an den Koronargefäßen ein 4 ½-fach höheres Risiko haben, in den nächsten zwei Jahren einen Herzinfarkt oder ein schwerwiegendes kardiales Ereignis zu erleiden, als ein Patient, der gar keine Ablagerungen hat.“
Die CT-Angiographie liefert somit jene Befunde, die die kardiologischen Kollegen dann für die Behandlung benötigen und dementsprechende Therapien erstellen können. „Zum Beispiel kann es dazu führen, dass Patienten mit einem sehr hohen kardialen Risiko frühzeitig medikamentös behandelt werden – etwa mit einem Statin.“ Die Prädikation als weiteres Anwendungsgebiet der CTA wird sich, so Bamberg, weiter durchsetzen. Denn: „Wir erkennen jetzt erst im Laufe der Zeit, nachdem der diagnostische Bereich zunehmend etabliert ist, dass hinter den diagnostischen Werten auch prognostische Informationen stecken.“

 

Im Profil

PD Dr. Fabian Bamberg hat seine Medizinstudium und seine fachärztliche Ausbildung an der Medizinischen Hochschule Hannover, der Universität Witten-Herdecke und der Harvard Universität in Boston, USA, absolviert.In den USA schloss er eine akademische Karriere an und war unter anderem Co-Direktor des „Cardiovascular CT Core Lab“ des Massachussetts General Hospital der Harvard Medical School.

Seit April 2009 arbeitet er am Institut für Klinische Radiologie der Ludwigs Maximilians Universität in München. In seinen Forschungsarbeiten interessiert ihn besonders die Sicherheit und Genauigkeit der bildgebenden Verfahren und ihr Einfluss auf die medizinische Behandlung sowie die Kosten-Nutzen-Analysen der diagnostischen Verfahren.

 

05.01.2012

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