Personalisierte Medizin dank "Omics"-Wissenschaften

Genügt schon jetzt nur ein Tröpfchen Blut, um jedem Menschen seinen künftigen Gesundheitsstatus zu prognostizieren? In dem wissenschaftlichen Symposium "Omics" anlässlich der Fachtagung "Diabetologie grenzenlos" ging es genau um diese Fragestellung: Können Disziplinen wie Genomics oder Metabolomics in den Menschen schauen und Folgeerkrankungen bei Diabetikern so früh voraussehen, dass vorbeugend therapiert werden kann?

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Im Bereich der Stoffwechselerkrankungen wie dem Diabetes hat die Genomik einen wichtigen Beitrag geleistet: Denn neben dem jeweiligen Lebensstil wird eine bestimmte Stoffwechsellage wie der Typ 2 Diabetes eindeutig auch von der spezifischen DNA eines jeden Menschen bestimmt, so Priv.-Doz. Thomas Illig, Neuherberg.

Hochdurchsatz SNP-Genotypisierung erlaubt Charakterisierung von Diabetes-Risikogenen Im menschlichen Genom kommt zirka alle 300 Basen ein polymorphes Nukleotid (z.B. A/G oder C/G) mit einer seltenen Allelfrequenz von über 1% vor, die sogenannten SNPs (single nucleotide polymorphisms).
Diese könnten an der Entstehung von Typ 2 Diabetes, Herzinfarkt oder Alzheimer mit schuldig sein. Illig gab in München einen Einblick in die Arbeit der Forscher am Genomanalysezentrum (GAC) in Neuherberg:
"Mittlerweile konnten wir anhand der unterschiedlichsten Analysen 38 Loci detektieren, die mit der Entstehung eines Diabetes in Verbindung gebracht werden können. Keines jedoch zeigte eine so hohe Effektstärke, dass es das Risiko, einen Typ 2 Diabetes zu bekommen, um ein Fünffaches erhöht hätte."
Mittels Genomik könne laut Illig eine Krankheit wie der Typ 2 Diabetes wesentlich früher erkannt werden - und damit biete sich die Chance, den Menschen zumindest in einem prädiabetischen Zustand zu halten und vor schwerwiegenden Folgeerkrankungen zu schützen. Gerade in dem auch in Neuherberg bewährten Zusammenspiel zwischen Genomik und Metabolomik sieht der Wissenschaftler eine Chance, anhand großer Fallzahlen wie in der Augsburger KORA (Cooperative Health Research in the Region of Augsburg) wichtige Daten für die Zukunft zu generieren.

Sind metabolomische Biomarker wie beispielsweise das neue MetaDisIDQ(tm) Kit oder das AbsoluteIDQ von Biocrates nun die Antwort auf alle noch offenen Fragen? Univ.-Prof. Dr. Jerzy Adamski, Leiter des Helmholtz Zentrum in München, ist von der Wissenschaft der Metabolomik überzeugt: "Untersuchungen des Metaboloms, also des Abbildes der gesamten biochemischen Prozesse eines Menschen, liefern wichtige Informationen über die Mechanismen von Erkrankungen wie Krebs, Neurodegeneration, Asthma oder Diabetes. Dadurch können Risikoabschätzungen für den Ausbruch der Erkrankungen erfolgen sowie neue diagnostische Verfahren und Therapien entwickelt werden."

Metabolomik: Hilfreich bei Entwicklung neuer, patientenspezifischer Therapeutika Der Begriff "Metabolom" bezeichnet laut Adamski die Gesamtheit der Stoffwechselprodukte eines Organismus, wobei das Metabolom die Ansammlung von Metaboliten darstellt. Das Metabolom einer Zelle oder eines Organismus ist das Ergebnis seiner Stoffwechselvorgänge und unterliegt einer ständigen Dynamik. Seine Analyse gibt daher direkten Aufschluss darüber, welche Stoffwechselwege zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter definierten Bedingungen aktiv sind. Der Vergleich von Analysen zu verschiedenen Zeitpunkten und bei unterschiedlichen Bedingungen zeigt Veränderungen im Organismus auf.

Zwei Methoden - "profiling metabolomics"....
In der Profil-Metabolomik werden Moleküle oder Metabolitenguppen identifiziert, die für einen Prozess charakteristisch oder aussagekräftig (indikativ) sind. "Es handelt sich hier um eine offene Suche nach Unterschieden zwischen einzelnen Stoffwechselzuständen. Diese Methode ist gut geeignet zum Aufspüren potentieller Biomarker, allerdings sind hier weder Quantifizierungen noch Messungen im Hochdurchsatz möglich."

....und "targeted metabolomics"
Um den Probendurchsatz zu erhöhen, beschränke man sich auf die Erfassung der Massenbereiche für die zuvor ausgewählten Metabolite, erklärte Adamski das Verfahren. In der sogenannten Ziel-Metabolomik ist eine Quantifizierung ausgesuchter Merkmale sowie die unmittelbare Interpretation der Ergebnisse möglich. "Diese Art der Metabolomik ist durchaus für den Einsatz in der klinischen Diagnostik geeignet: Sie können bis zu 300 Metabolite in einem Experiment analysieren lassen...auch die unterschiedlichsten chemischen Klassen wie Aminosäuren, Zucker, Lipide oder Steroide. Und wie in der Genomik sind sie auch hier viel früher am krankhaften Geschehen dran, können beispielsweise Ihre Diabetes-Therapie entsprechend anpassen." Diese "targeted metabolomic" wird laut Adamski bereits in der Diagnostik Neugeborener erfolgreich eingesetzt: Die Analyse eines Tropfens Kapillarblutes zur Erfassung genetischer Erkrankungen als Screening-Verfahren sei hier seit langem Standard.

Doch nicht nur hier kann Metabolomik zum Einsatz kommen: "Denken Sie nur an die Entwicklung neuer Arzneimittel mit den möglichst frühzeitig zu erkennenden unerwünschten Ereignissen - oder an die Ernährungsforschung!

Auch den Einfluss von Alter oder Geschlecht auf den normalen menschlichen Metabolismus kann man mithilfe der Metabolomik definieren - die schon zitierte KORA-Studie ermöglicht uns hier vielfältige Ansatzmöglichkeiten - sowie die Chance, diese dann durch epidemiologische Fragestellungen - wie zum Beispiel nach einer Erstmanifestation eines Diabetes - Jahre später zu verifizieren. Ein ganz großer Vorteil der Metabolomik ist, dass man durch das direkte Abbild biologischer Prozesse sowie der dynamischen Stoffwechselveränderungen ein ganz frühes Stadium des Diabetes diagnostizieren kann; Jahre, bevor es ein Blutzuckertest ans Licht bringen würde. Denn dann ist es für viele Patienten ja fast zu spät, da sich die Folgeschäden nicht mehr aufhalten lassen!" so Adamski abschließend.

 

Quelle: Fachtagung "Innere Medizin - fachübergreifend: Diabetologie grenzenlos." München, 11.-12. Februar 2011.
 

18.02.2011

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