Ultraschall gleichauf mit Schichtbildverfahren

Nie zuvor herrschte solch eine Aufbruchstimmung in der Ultraschalltechnik wie in diesen Tagen: Neueste Technologien wie die Elastographie, Shear Wave und 3-D wecken die Sonographie aus ihrem langen Dornröschenschlaf. Auch die jüngste Entwicklung aus dem Mammo-Bereich zeigt revolutionäre Ansätze: Erstmals ermöglichen Automated Volume Breast Scanner (ABVS) eine untersucherunabhängige und reproduzierbare Bildakquisition.

Frank Stöblen
Frank Stöblen
Photo: Ultraschall gleichauf mit Schichtbildverfahren

Damit liegt der Ultraschall nun gleich auf mit anderen Bildgebungsmodalitäten der radiologischen Diagnostik – und kann in Multimodalitäts-Konzepte, wie sie in der Mammadiagnostik Anwendung finden, integriert werden.
Dr. Frank Stöblen, Facharzt für Diagnostische Radiologie und Miteigentümer des Diavero Diagnosezentrums, Germany, arbeitet bereits seit einem Jahr mit dem Automated Breast Volume Scanner von Siemens (Acuson S2000 ABVS). Als erster Anwender in Europa hat Dr. Stöblen bereits über 2.000 Untersuchungen mit der neuen Ultraschall-Technologie vorgenommen und berichtet im Interview mit Daniela Zimmermann, EUROPEAN HOSPITAL, von ersten Erfahrungen und Erkenntnissen mit ABVS.

Dr. Stöblen, welche Neuerungen bringt der Automated Volume Breast Scanner?

ABVS löst viele Probleme, die sich sonst aus der Ultraschalltechnik im Allgemeinen ergeben haben. Zunächst ist die Technologie automatisiert. Das bedeutet, der Schallkopf des Gerätes generiert unabhängig vom Untersucher immer die gleiche Aufnahmequalität. Denn obwohl der Ultraschall das häufigste bildgebende Verfahren ist, wird er häufig fehlerhaft angewendet. Er unterliegt nur wenigen Qualitätsprüfungen, sowohl in der technischen Ausstattung als auch in der Anwendung. Deshalb ist der handgeführte Ultraschall ein extrem subjektives Verfahren, das von der Expertise und Erfahrung des Arztes abhängig ist. Mit dem ABVS-Aufsatz dagegen wird die gesamte Brust ohne Zutun des Anwenders automatisch gescannt.

Es wird sogar zusätzlich mithilfe der 3D-Technik die koronale Ebene der Brust aufgenommen, die mit herkömmlicher Ultraschallbildgebung bisher nicht erfasst werden konnte. Die Anwesenheit eines Arztes während der Mammasonographie ist mit ABVS daher nicht mehr notwendig. Die Untersuchung kann auch von einer MTA durchgeführt werden. Da der Ultraschall bis jetzt jedoch immer ein haptisches Instrument gewesen ist, bedarf es hier sicherlich einer gewissen Zeit der Eingewöhnung. Das Arbeiten mit dem ABVS ist ein wenig so wie in einem ferngesteuerten Auto zu fahren.

Der zweite Vorteil ist die Reproduzierbarkeit der Vollfeld-Volumenbilder. Das ABVS-System generiert einen kompletten Datensatz, den man später an der Workstation abrufen kann – wann und wie oft man will. Es gab zwar auch in der Vergangenheit Ultraschallbilder im PACS, aber nur als wenige Einzelbilder. Jetzt haben wir dagegen um die 1.800 Bilder pro Untersuchung durch die wir ähnlich wie beim Multislice-CT wie durch eine Videoaufzeichnung durchscrollen können. Das hat auch diagnostisches Potential, weil dadurch erstens Architekturstörungen, die vorher mit dem Ultraschall nicht auffindbar waren, sichtbar gemacht werden können, und zweitens nun endlich eine Zweitbefundung auf Grundlage derselben Aufnahmen stattfinden kann. Auch für die Wissenschaft und die Ausbildung ist der Volumendatensatz von großem Nutzen – als vollständige retrospektive Analyse oder als Teaching Files.

Wann setzen Sie ABVS bei Ihren Patientinnen ein?

In der Früherkennung verbessert der Ultraschall die Tumordetektion vor allem bei Frauen mit dichtem Brustgewebe. Wir konnten in ersten kleineren Studien nachweisen, dass sich mit ABVS alle soliden Läsionen finden lassen. Im Rahmen einer Krebsprävention, an der 300 voruntersuchte Frauen im Durchschnittsalter von 30 Jahren teilgenommen haben, konnten wir allein mit dem ABVS-Gerät zwei Karzinome nachweisen.
Bei begninen Veränderungen schneidet der 3D-Ultraschall sogar ein wenig besser ab als die Mammographie. Er hilft dadurch auch bei der Abklärung unklarer Befunde im dichten Gewebe, z. B. bei Zysten. Für die Detektion von Mikrokalk ist er allerdings nicht geeignet.

Werden weitere medizinische Anwendungsfelder neben der Brust folgen?

Definitiv. Andere Organe wie die Leber, Gefäße oder Schilddrüse werden mit Sicherheit bald adaptiert. Die Mammadiagnostik ist nur der Anfang, um erstes Know-how zu erlangen. Die Brust ist dafür bestens geeignet, weil sie als oberflächliches Organ leicht zugänglich ist. Außerdem geht die Mammadiagnostik in Richtung Multimodalität. Um eine Differentialdiagnose stellen zu können, benötigt man schon alle drei Modalitäten: die Mammographie, den Ultraschall und das MRT. Dementsprechend gibt es auch immer mehr multimodality workstations, in die nun dank des Volumenscanners auch die Bilder des Ultraschalls einfließen können.

Welche technologischen Verfeinerungen sind bei ABVS in Zukunft zu erwarten?

Der nächste Schritt wird sein, die Elastographie in das 3-D-System zu integrieren. Am besten funktioniert das wahrscheinlich mit der Shear-Wave-Technologie, aber das ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht umzusetzenr, da während der Messung der Gewebedichte mit der Elastographie das verdächtige Areal unbewegt sein muss. Eine kniffelige technische Schwierigkeit, aber nicht unlösbar.

Wir danken für das Gespräch.

08.09.2010

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