Bochum und Bildgebung – eine 10-jährige Erfolgsgeschichte

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Bochum und Bildgebung – eine 10-jährige Erfolgsgeschichte

Der RadiologieKongressRuhr feiert dieses Jahr seinen 10. Geburtstag. Aus diesem Anlass haben wir die Kongresspräsidenten Prof. Dr. Dieter Liermann, Prof. Dr. Werner Weber und Prof. Dr. Johannes Weßling zum Gespräch eingeladen und mit Ihnen den Erfolg des Radiologiekongresses, aktuelle Trends wie die Thrombektomie beim Schlaganfall, Structured Reporting am Beispiel des Pankreaskrebs und die Vor- und Nachteile der Akademisierung der MTRA-Ausbildung erörtert.

Interview: Daniela Zimmermann

Herr Prof. Weber, worin liegt der Erfolg des RadiologieKongressRuhr begründet?

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Prof. Dr. Werner Weber

Weber: Der Schwerpunkt des RKR lag von Anfang an auf der Fort- und Weiterbildung. Statt eineswissenschaftlichen Fokus wollten wir vor allem praktische Erfahrungen weitergegeben. Diese praxisnahe Ausrichtung, die wir mit den Hands-on-Workshops betont haben, bildet eine wichtige Säule des Erfolgs und lockt seit nunmehr zehn Jahren Ärzte und MTRAs ins Ruhrgebiet. Zudem haben alle bisherigen Kongresspräsidenten dafür Sorge getragen, dass der Kongress eine große Themenbandbreite abdeckt. Von heiß diskutierten Trends bis hin zu Nischenthemen bietet der RKR eine hohe Informationsdichte, auch für die tägliche Routine.

Wie haben sich die thematischen Schwerpunkte in den letzten Jahren verändert?

Weber: Die Digitalisierung und insbesondere die elektronische Bilddatenübermittlung haben einen erheblichen Einfluss auf die Themengestaltung, aber auch Gefäßinterventionen und perkutane Therapieverfahren haben sich in den letzten Jahren einen wichtigen Platz erarbeitet. Die Innovationen bei der invasiven Behandlung des akuten Schlaganfalls sind ein neuer Begleiter. Die positive Entwicklung im Bereich der Erstversorgung von Schlaganfallpatienten, für die in Deutschland ein immer dichteres Netz an zertifizierten Neuroradiologen und Radiologen zur Verfügung steht – ist ein Beispiel wie beständig neue Erkenntnisse in die Themen des RKR einfließen. Hier am Beispiel der regelmäßig stattfindenden Zertifizierungskurse der DeGIR (Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie) seit einigen Jahren gelebt.

Weßling: Hochaktuell und im nächsten Jahr noch deutlich präsenter ist der Bereich der „Artificial Intelligence“, im kleineren Maßstab und als ein wichtiger Baustein das „structured reporting“. Die deutsche Röntgengesellschaft und Ihre Arbeitsgemeinschaften haben 2017 begonnen, für umschriebene Organ- und Erkrankungsbereiche Befundvorlagen zu erstellen, deren Kriterien interdisziplinär mit anderen Fachgesellschaften abgesprochen wurden. Vorreiter sind hier das Pankreas- und Rektumkarzinom.

Herr Professor Liermann, wie spiegelt der RKR diesen Trend wider?

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Prof. Dr. Dieter Liermann

Liermann: Eine große Zahl an Vorträgen und Workshops beschäftigt sich bereits mit digitalen Methoden, denn die Digitalisierung betrifft alle Bereiche. Viele Fachärzte sehen allerdings dem Einsatz von künstlicher Intelligenz mit großer Skepsis entgegen. Die Sorge, dass der Radiologe in Zukunft durch smarte Analyse-Systeme ersetzt werden könnte, wächst in der Branche. Umso wichtiger ist es, dass wir diese Prozesse beim Kongress abbilden und frühzeitig Veränderungen antizipieren.

Weßling: Als Fach mit hoher digitaler Durchdringung waren wir unmittelbar mit den Errungenschaften der „Artificial Intelligence“ konfrontiert. „Artificial Intelligence“ wird aber nicht vor selbstdefinierten Fachgrenzen halt machen sondern die gesamte Medizin durchdringen. Bedenkt man die Bedeutung radiologisch-pathologischer Korrelationen bzw. Radiogenomics, könnten diese Bereiche künftig sogar näher zusammen rücken. Daher sollten wir selbstbewusst und mutig agieren und die Zukunft der „Augmented Radiology“ gestalten. Als Radiologen müssen wir nicht nur die Datenhoheit wahren, sondern auch Informationen aus dem erweiterten Umfeld in die Bildanalyse integrieren. Eine Vielzahl von Technologien, von AI über „AdvancedVisualization“ bis 3D-Druck wird uns künftig diagnostisch unterstützen, Fehlerquoten verringern und uns zielgenauer lenken.

Welche Vorteile bietet „structured reporting“?

Es geht darum, eine gemeinsame Sprache zu finden

Dieter Liermann

Weber: Systeme wie Structured Reporting können dazu beitragen, Ungenauigkeiten, die oftmals schon beim ersten Befund auftreten, zu verringern. Zum Beispiel, indem sie Aufmerksamkeit schaffen und den Befunder strukturiert lenken. Junge Assistenten haben häufig Schwierigkeiten, Befundbeschreibung und -beurteilung zu trennen. Aber auch im Zuge des neuen Strahlenschutzgesetzes und dessen verschärften Anforderungen an die Dokumentationspflichten wird mehr Präzision essenziell. Lenkende Strukturen können hier außerordentlich hilfreich werden. 

Liermann: Als Radiologen mit sehr langer Berufserfahrung geht es uns nicht darum, Struktur um der Struktur willen zu schaffen, sondern darum, eine gemeinsame Sprache zu finden. Diese universelle Semantik ist essenziell, um die Zusammenarbeit zwischen Zuweisern und Radiologen zu verbessern und infolgedessen die gesamte Patientenversorgung zu optimieren.

Ein ebenso wichtiges Thema, das momentan für Diskussionen sorgt, ist der aufkommende MTRA-Wunsch nach einer Akademisierung ihres Berufsfeldes. Herr Prof. Weßling, wie sehen Sie diese Entwicklung?

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Prof. Dr. Johannes Weßling

Weßling: Ich begrüße das prinzipiell, denn in Deutschland kämpfen wir flächendeckend mit dem Nachwuchsmangel im MTRA-Bereich. Selbst an attraktiven Standorten wie an Universitätskliniken fehlen diese Fachkräfte und wir müssen dringend gegensteuern. Ein großes Problem sind die mangelnden Aufstiegsmöglichkeiten. Fachkenntnisse zu diversifizieren und Subspezialisierungen anzubieten, die mit größerer Verantwortung und höherer Vergütung einhergehen, halte ich für einen wichtigen Schritt, um die Attraktivität des Berufsfeldes auch in Zukunft zu stärken. Der Vorstoß der deutschen Röntgengesellschaft zur Etablierung eines Zertifizierungskurses „Fachkraft interventionelle Radiologie“ geht hier aus meiner Sicht in die richtige Richtung.

Ein Problem der Akademisierung ist die Tatsache, dass diese Schulabgänger mit mittlerer Reife ausschließt.

Weber: Eine Akademisierung der Grundausbildung der MTRAs muss ja vielleicht nicht sein. Es sollte aber die Möglichkeit geben, sich auf Wunsch weiter qualifizieren zu können. Im Moment sieht die Realität doch so aus, dass eine frisch examinierte und eine erfahrene MTRA die gleiche Vergütung erhalten. Führt die Akademisierung zu einer formalen Qualifikation, die monetäre Anerkennung mit sich bringt, halte ich das für eine gute Entwicklung. Wie ich es auch für wichtig halte, dass Berufserfahrung ideell und monetär besser vergolten wird. Zudem halte ich Strategien zur Konfliktlösung im Umgang mit Patienten und Zuweisern für ein wichtiges Gebiet, das heutzutage in der Ausbildung verstärkt einen Platz finden sollte. Auch die inzwischen sehr komplexe Materialwirtschaft ist oft ein Bereich, der vielfach von der MTRA-Leitung übernommen wird. Hier bieten sich optimale Möglichkeiten, Mehrleistungen und Weiterbildung zu honorieren und den Beruf aufzuwerten.

Liermann: Die Qualität der Weiterbildung ist ein ganz entscheidender Faktor. Eine Akademisierung muss – sofern gewünscht – zielgerichtet erfolgen und auf fundierten Grundlagen beruhen, um erfolgreiche Verbesserungen für MTRAs zu generieren.

Weßling: Es gibt heutzutage eine Vielzahl an sehr guten Fortbildungsveranstaltungen zu verschiedensten Themengebieten – von Patientenkommunikation bis rückenschonendes Arbeiten. Wer die Mühe einer regelmäßigen und qualifizierten Fortbildung auf sich nimmt, sollte auch den Nutzen daraus ziehen können. Fortbildung benötigt Wertschätzung, auch wenn die Wissenserweiterung natürlich einen eigenständigen Mehrwert bildet.

Wie die zahlreichen Besucher des RKR hinlänglich beweisen. Es wird also auch in diesem Jahr wieder eine spannende Veranstaltung.

Liermann: Davon sind wir hier alle sehr überzeugt.

08.11.2017

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