Artikel • Niere & Intervention

Gut planbar, schonend und funktionserhaltend

Eine Intervention an der Niere stellt vor allem für ältere, multimorbide Patienten eine alternative Behandlungsform dar, aber ebenso für Patienten mit nur noch einer oder einer transplantierten Niere.

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Dr. Ursula Kasper, Leitende Oberärztin am Allgemeinen Krankenhaus Hagen.

Immer dann, wenn ein operatives Vorgehen nicht gut möglich ist, verlagert sich die Therapie in den Arbeitsbereich der interventionellen Radiologen. Thermoablative Verfahren sind effektive Techniken, die das Repertoire therapeutischer Möglichkeiten zur Behandlung lokal begrenzter Nierentumoren erweitern. Aber auch bei Blutungen, Engen und Verschlüssen können Stents und Coils zum Einsatz kommen.

„Die Intervention der Embolisation setzen wir dann ein, wenn die operierenden Fächer akute Notfälle nicht primär operativ angehen können, z.B. bei akuten Nierenblutungen auf dem Boden eines Tumors, gelegentlich auch nach einer Teilresektion. Aufgrund des Alters des Patienten und von Komorbiditäten bittet man uns dann, einen künstlichen Verschluss vorzunehmen“, erklärt Dr. Ursula Kasper, Leitende Oberärztin am Allgemeinen Krankenhaus Hagen. Bei thrombotischen Engen oder Verschlüssen im Verlauf der Nierenvenen oder bei Akutverschlüssen der Arterien besteht die Möglichkeit der lokalen Lysetherapie. Arteriosklerotische Stenosen und Verschlüsse können mittels digitaler Subtraktionsangiographie mit Ballons oder Stents geweitet werden.

Bei den Tumoren sind es meist die kleinen Nierentumoren, die von den Radiologen mit Hitze oder Kälte behandelt werden. Häufig sind Nierentumore bei ihrer Entdeckung aber schon sehr groß und dann kommt diese Methode nicht mehr infrage. „Bei unseren Patienten wird der Tumor oft als Zufallsbefund in der Sonografie, im CT oder MRT festgestellt. Meistens entscheidet man sich dann für eine operative Entfernung, weil auch die Überlebenszeit unter Erhalt der Niere dabei besser ist. Nur in ganz seltenen Fällen, wenn der Patient nicht operabel ist oder nur noch eine Niere hat, wird eine Intervention gewählt.“

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RF-Ablation eines soliden Nierentumors bei Einzelniere. Das linke Bild ist während der RF-Ablation, das rechte vor der Maßnahme. Der Befund stellt die Indikation zur Behandlung kleiner Tumore bei Einzelniere dar.

In Hagen werden Tumore bei der Radio-Frequenz-Ablation (RFA) mit Hitze durch Anlage von Strom angegangen. Hierbei wird die Funktionalität der Niere weniger beeinträchtigt als durch eine operative Ausschälung des Tumors, da die Nierenzellen weniger in Mitleidenschaft gezogen werden. „Wenn schon eine Einnierigkeit besteht, ist das outcome bei einer Ablation besser als nach einer Enukleation“, so Kasper. Die Behandlung erfolgt unter kontinuierlicher oder intermittiernder Fluoroskopiekontrolle (Echt-Zeit-Bildkontrolle). Auch sonographisch gesteuert ist die Methode möglich, wird aber nicht in der normalen Angiographie (DSA) ausgeübt, da man hier keine zum CT vergleichbaren 2D- und 3D-Ansichten hat. Diese sind wichtig, um zu sehen, ob die Sonde richtig platziert ist und das gesamte Tumorvolumen abgedeckt wird. Dank eines Multi-Slice-CT und eines gleichzeitigen Fluoroskopiebildes hat man bei den Eingriffen in Hagen eine gute Sichtbarkeit und kann auch Rekonstruktionen von anderen Ebenen machen. Die Strahlenbelastung ist aufgrund der zum Teil kontinuierlichen CT-Untersuchung relativ hoch, beschränkt sich aber auf ein kleines Untersuchungsfeld.

Bei der RF-Ablation ist es wichtig, die Größe der Sonde richtig zu wählen, damit sie den Tumor komplett abdeckt und vielleicht noch etwas mehr, so dass man ihn möglichst in einem Gang zerstören kann. Dr. Kasper: „Das ist manchmal etwas kniffelig, besonders wenn die angrenzenden Strukturen von Darm, Leber und Milz in der Nähe sind, die nicht verletzt werden dürfen. Deshalb sind die richtige Sondengröße und der richtige Zugang so entscheidend. Insgesamt sind die Komplikationsraten aber sehr gering, weil man es wirklich unter guter Sicht macht.“

Bei der Niere ist das Vorgehen der RF-Ablation gut planbar, mit einem kürzeren Zeitaufwand verbunden und für den Patienten weniger belastend.

Dr. Ursula Kasper

Die RF-Intervention bei der Niere ist einfacher umzusetzen als bei der Leber und Lunge. Diese Organe sind noch atmungsverschieblicher, das Komplikationsrisiko ist für einen Pneumothorax und Blutungen teilweise größer und auch das Schmerzausmaß höher: die Intervention an diesen Organen findet meist in Vollnarkose statt. „Der Aufwand mit der Anästhesieabteilung ist wesentlich größer als bei der Intervention der Niere in radiologischerseits geführter Lokal- und Leptanalgesie. Bei der Niere ist das Vorgehen der RF-Ablation gut planbar, mit einem kürzeren Zeitaufwand verbunden und für den Patienten weniger belastend.“

Anders bei der Angiographie. Gerade bei älteren Menschen steigt die Zahl der Gefäßveränderungen und bei vielen vorgeschalteten Engen im Becken- und Bauchraum, kann es bereits zu ersten Komplikationen kommen, bevor man bis in der Nierenarterie angelangt ist. Deshalb muss man auch hier den richtigen Zugangsweg, d.h. vor allem die richtige Beckenseite wählen, und erkennen, wo die Gefahr besteht, ein Gefäß zu zerreißen. „Beim Platzieren des Katheters in der Nierenarterie gibt es immer auch die Möglichkeit, dass man den Befund verschlechtert, dass sich die Thromben aufpfropfen, Gefäße einreißen oder eine Blutung entsteht. Man muss daher auch die Gerinnungssituation vorher richtig abschätzen, sich gut informieren, was an Komplikationen entstehen kann und dann entscheiden, welchen Katheter und Zugang man wählt.“


Profil:
Nach dem Studium der Humanmedizin an der Ruhr-Universität Bochum und Universität Essen absolvierte Dr. Ursula Kasper in der Abteilung für Radiologie und Strahlentherapie des AKH Hagen ihre Facharztausbildung. Parallel promovierte sie an der Ruhr-Universität Bochum. 1989 erhielt sie die Facharztanerkennung als Ärztin für Radiologie, 1998 für Diagnostische Radiologie. Seit 1989 ist Dr. Kasper in der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des AKH Hagen als Oberärztin tätig, seit 2004 als Leitende Oberärztin. Die Kommissarische Leitung der Abteilung übernahm sie von 2007 bis 2008. Ihre Schwerpunkte sind interventionelle Eingriffe, die MRT- und Mammadiagnostik, sowie die Kinderradiologie.

Veranstaltungshinweis:
Raum: Tagungsraum 1
Donnerstag, 03.11.2016, 16:00-16:30 Uhr
Bildgebende Diagnostik und Interventionen Niere
Ursula Kasper, Hagen
Session: Bildgebung des Abdomen für den radiologischen Nachwuchs

02.11.2016

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