Artikel • Vitalität

Mit simplen Kniffen die Ischämiediagnostik erleichtern

In der Ischämie und Vitalitätsdiagnostik mit MRT und CT spielt die praktische Anwendung eine große Rolle. Prof. Dr. Jörn Sandstede, Facharzt für Radiologie in der Radiologischen Allianz in Hamburg, weiß um die Kniffe, die diese Art der Diagnostik für Patienten und Radiologen einfacher und angenehmer machen.

Portraitfoto von Jörn Sandstede
Prof. Dr. Jörn Sandstede, Facharzt für Radiologie in der Radiologischen Allianz in Hamburg.

In seinem Vortrag auf dem diesjährigen Bayerischen Röntgenkongress gibt er daher einige Tipps und Tricks zum Besten und stellt Methoden in ihrer Aussagekraft vor.

Werden Engstellen im Herzen diagnostiziert und soll deren Relevanz eingeschätzt werden, bietet das MRT im Rahmen der Diagnostik einer koronaren Herzerkrankung die Möglichkeit zur Beurteilung der Herzdurchblutung. Auch bei Patienten mit bereits bekannter oder behandelter Herzerkrankung wird das MRT im Rahmen der Ischämiediagnostik zur Einschätzung der Funktionstüchtigkeit der Bypass-Gefäße oder Stents herangezogen. Die Vitalitätsdiagnostik konzentriert sich auf die Beurteilung der Funktionseinschränkung nach einem Herzinfarkt sowie auf die Feststellung, wie viele Wandschichten des Herzens betroffen sind und ob nach Wiederherstellung der Perfusion noch genügend vitales Gewebe für eine Funktionsverbesserung vorhanden ist.

Anders als bei der funktionellen MRT lässt sich die Computertomographie zur morphologischen Beurteilung der Herzkranzgefäße als Alternativmethode ins Spiel bringen. Die CT weist nicht nur eine relevante Stenose nach, sondern auch die subklinische Koronare Herzkrankheit (KHK) lässt sich anhand der Vorstufen in Form bereits verkalkter oder nicht verkalkter Plaques bzw. durch deren Vorhandensein und Intensität leichter diagnostizieren.

Simple Tricks führen zu besseren Ergebnissen

„Beide Arten der Diagnostik lassen sich sowohl für den Radiologen als auch für den Patienten einfacher und vor allem angenehmer gestalten“, so Sandstede und verrät seinen ersten Tipp: „In der Ischämiediagnostik, die eine Belastungsuntersuchung unter Adenosin darstellt, ist die Beunruhigung des Patienten unter Belastung relativ einfach zu vermeiden, indem der Patient für die Untersuchung aus dem Magneten herausgefahren wird und der Radiologe neben ihm steht.“ Das klingt eigentlich banal, stellt auch keinen großen Einschnitt beim Ablauf der Untersuchung dar und wird dennoch oft vernachlässigt. Die Ergebnisse der Diagnose lassen sich mit dieser simplen Methode jedoch leicht verbessern, denn der Facharzt weiß: „Patienten fühlen sich nicht wohl, wenn sie alleine im MRT liegen. Dieses Unwohlsein führt logischerweise zu Bewegungsunruhe, schlechterer Bildqualität und vermehrten Abbrüchen.“

Doch kennt kennt der Radiologe auch ganz spezifische Tricks, die die einfache und korrekte Diagnose unterstützen. „Die Ergebnisse können leicht verbessert werden, wenn bei der Untersuchung zwei venöse Zugänge gelegt werden und die Blutdruckmessung am Kontrastmittelarm und nicht am Adenosinarm vorgenommen wird“, rät Sandstede. Der Hintergrund ist denkbar einfach zu erklären: Die Blutdruckmessung am Adenosinarm unterbricht die Stressmedikation und verfälscht so die Ergebnisse.

Auch ein Vergleich der minderdurchbluteten Areale mit den Bildern im sogenannten späten Enhancement erweist sich als sinnvoll. „Es gibt nur zwei Möglichkeiten für die Minderperfusion des Herzens“, so Sandstede. „Entweder ist die Minderdurchblutung funktionell und tritt nur unter Belastung auf oder es handelt sich um eine fixierte Minderperfusion, die man im späten Enhancement aufgrund der Narbe gut sehen kann.“ Bei der Diagnose nur unter Betrachtung der Perfusionsbilder lässt sich eine Narbe nicht mit Sicherheit feststellen. „Durch diesen Vergleich lässt sich leicht feststellen, welche Art der Minderdurchblutung vorliegt“, so der Radiologe.

Prävention für den Patienten

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Belastungsinduzierte subendokardiale Minderperfusion (Pfeile) nur unter Stress der Anteroseptalwand bei LAD-Stenose.

Während dem Radiologen beim Herzinfarkt in der Akutdiagnostik wenig Bedeutung zukommt, ist er in der Prävention umso wichtiger. „Vor allem bei Gefäßerkrankungen, die früher oder später zu einem Herzinfarkt führen könnten, ist die exakte Diagnose von immenser Bedeutung. Auch Patienten, die bereits einen Herzinfarkt hinter sich haben, profitieren von einer angemessenen prognostischen Einschätzung“, betont der Facharzt.

Die Prävention an sich ist jedoch immer gebunden an die gute Zusammenarbeit mit dem klinischen Partner, der für die Risikofaktorenanalyse ebenso wie für die physikalischen Belastungsuntersuchungen verantwortlich ist. Erst darauf aufbauend kann das MRT die relevante Durchblutungsstörung bei Patienten mit entsprechender Risikokonstellation ausschließen oder der CT Plaques als Vorstufe der Koronaren Herzerkrankung quantifizieren.


Profil:
Prof. Dr. Jörn Sandstede ist seit 2005 als Facharzt für Radiologie in der Radiologischen Allianz in Hamburg tätig. Sandstede legt seinen Schwerpunkt auf die Herzbildgebung mit MRT und CT. Er ist ehemaliger Vorsitzender und Gründungsmitglied der „AG Herzdiagnostik“ der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG), ehemaliger Koordinator bei der Erstellung der „Leitlinien für den Einsatz von MR-Tomographie und Computertomographie in der Herzdiagnostik“ und in der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der European Society of Radiology (ESR) organisiert.

Veranstaltungshinweis:
Raum: Karajan Saal
Samstag, 15. Oktober 2016, 09:10 – 09:30 Uhr
Symposium 10: Herz 2 – Kardio MRT
Vitalität und Ischämiediagnostik

13.10.2016

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