News • Pädiatrie ohne Strahlen

Knochenbrüche: Ultraschall statt Röntgenbild

In Deutschland erleiden jährlich schätzungsweise 253.000 Kinder im Wachstumsalter einen Knochenbruch. Bei der Diagnose gilt das Röntgenbild als Mittel der Wahl, weswegen Ärzte diese Technik großzügig einsetzen. Doch gerade bei Handgelenks- und anderen Armbrüchen bietet in vielen Fällen die Ultraschall-Diagnostik eine Alternative.

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Gebrochener Oberarmknochen bei einem 8-jährigen Kind: Die Fraktur ist sowohl im Ultraschall- (links) als auch im Röntgenbild gut zu erkennen.

Da Kinder etwa zehnmal empfindlicher auf Röntgenstrahlen reagieren als Erwachsene, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM), die kleinen Patienten – wann immer es möglich und sinnvoll ist – mittels Ultraschall zu untersuchen. 

Auch wenn die Röntgentechnik heute sicherer und strahlungsärmer ist als in der Vergangenheit, bleibt bei jeder Röntgenaufnahme ein Rest an Strahlenbelastung. Weil der kindliche Körper außerdem empfindlicher auf Röntgenstrahlen reagiert als der Körper eines Erwachsenen, ist Strahlenschutz im Wachstumsalter besonders wichtig. „Der wirksamste Schutz ist die Vermeidung von Röntgenaufnahmen, wobei sichergestellt sein muss, dass die Qualität von Diagnose und Behandlung nicht leidet“, sagt Privatdozent Dr. Ole Ackermann, Oberarzt der Abteilung Unfallchirurgie und Orthopädie am Evangelischen Krankenhaus Mettmann. Es könnten pro Jahr auf 350.000 Röntgenuntersuchungen verzichten werden. 

In vielen Fällen biete die Ultraschalldiagnostik eine Alternative zum Röntgenbild. So könnten sehr häufig vorkommende Handgelenksbrüche in neun vor zehn Fällen rein sonografisch diagnostiziert und kontrolliert werden. Bei Ellenbogenbrüchen ließen sich 70 Prozent und an der Schulter sogar drei Viertel der Röntgenbilder einsparen, so Ackermann. „Die Sonografie basiert auf ungefährlichen Schallwellen und hat auch bei intensiver Anwendung keine gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen“, ergänzt der Experte.

In den letzten 15 Jahren haben wissenschaftliche Arbeitsgruppen weltweit mehrere tausend Patienten untersucht und die Sonografie mit der Röntgendiagnostik verglichen. „Dadurch wurden sichere Anwendungsbereiche definiert und standardisierte Vorgehensweisen entwickelt“, erklärt Ackermann und betont: „Wir befürworten ausdrücklich, dass Ärzte im Sinne der Patienten – gerade der Kinder – den Ultraschall als schonendes Verfahren hier viel häufiger einsetzen.“ Dies gelte umso mehr, als die erforderlichen Geräte bereits flächendeckend in Kliniken und Arztpraxen vorhanden sind. Die notwendige Qualifikation können Ärzte bei der DEGUM in Intensivkursen erwerben. 

Ärzten, die weniger röntgen und mehr schallen möchten, stellt sich jedoch ein Problem: „Leider werden die Ultraschalluntersuchungen von den Krankenkassen noch nicht kostendeckend vergütet“, kritisiert Ackermann. Auf der Pressekonferenz der DEGUM am 8. Juni 2016 fordern Experten, die Ultraschalluntersuchung zur Diagnostik von kindlichen Knochenbrüchen vermehrt anzuwenden und die entsprechenden Voraussetzungen dafür zu schaffen. 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin 

03.06.2016

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