Patientendaten

„Datenschutz geht mir unglaublich auf die Nerven!“

„Ich bin ein Cyborg. In meinem Körper befindet sich ein Computer. Er kann programmiert werden, er hat potenzielle Sicherheitslücken, er braucht Updates. Ich bin ganz persönlich ein Teil dessen, um das Sie sich kümmern, wenn Sie sich mit IT im Gesundheitswesen befassen.“ Mit diesen Worten stellte sich Enno Park, Gründer und Vorsitzender von Cyborgs e. V., bei der conhIT 2016 vor.

Report: Sascha Keutel

Enno Park, Gründer und Vorsitzender Cyborgs e.V.
Enno Park, Gründer und Vorsitzender Cyborgs e.V.
Quelle: conhIT

Der die conhIT begleitende Kongress läuft unter dem Motto „Patient im Fokus – Innovative Healthcare IT“ und beleuchtet in Schwerpunktthemen unter anderem die Themen „Patient Empowerment“ und „Patientennahe Prozessunterstützung“.

Park, der ein Cochlea-Implantat trägt, seit er als Jugendlicher sein Gehör fast vollständig verloren hatte, war eingeladen worden, die Digitalisierung des Gesundheitswesens aus der Sicht eines direkt Betroffenen zu kommentieren. Er bemängelte, dass das deutsche Gesundheitswesen nicht „vom Patienten her gedacht ist, sondern vom System.“ Kliniken seien es gewohnt, den Patienten der Krankenhausroutine zu unterwerfen. Zwar habe er dafür ein Stück weit Verständnis, doch dies führe auch zur Unzufriedenheit der Patienten: „Je technokratischer ein System, desto stärker das Gefühl, einer ‚kalten Gerätemedizin‘ ausgeliefert zu sein, desto größer der Wunsch nach Zuflucht in so genannte ‚sanfte Heilmethoden‘.“

Doch wie kann dieses Problem gelöst werden? Obwohl Sachzwänge wie Kosten, Sicherheitsbestimmungen und Datenschutz im Weg stünden, gäbe es laut Park nur einen Weg: „Je mehr IT-Prozesse Einzug in Kliniken, Arztpraxis und den Patienten selber erhalten, desto mehr muss der Patient beim Entwurf dieser Prozesse in den Mittelpunkt gestellt werden.“

Apropos Datenschutz: Hier hat der Vorsitzende von Cyborgs e.V., einem Verein, der die Belange von im weitesten Sinne technisch modifizierten Menschen vertritt, eine klare, aber ungewöhnliche Meinung: „Datenschutz geht mir unglaublich auf die Nerven!“ Park verweist auf die Problematik bei der Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte, die er als großen Vorteil für Patienten ansieht. Doch während datenschutzrechtlicher Feinheiten deren Einführung verzögere, produzierten die Patienten mit Apps, Smartwatches und Fitnessarmbändern massenweise Gesundheitsdaten. „Diese werden kommerziell ausgewertet oder gar stolz auf Facebook veröffentlicht. Und das alles unter ein und demselben deutschen Datenschutzgesetz. Das finde ich ein bisschen absurd.“

Und wie stellt er sich den richtigen Umgang mit seinen Daten vor? „Ich wünsche mir ein Gesundheitssystem, in dem möglichst viele Gesundheitsdaten über mich gesammelt und zu meinem Wohl möglichst automatisiert für meine Behandlung und Vorsorge genutzt werden. Sie müssen nicht unbedingt von einer Krankenversicherung geschützt werden. Was ich allerdings nicht möchte, ist, wegen dieser Daten diskriminiert zu werden.“

19.04.2016

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