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Das Big Business mit Big Data

In der Diskussion um Big Data herrscht Einigkeit darüber, dass intelligente Maschinen unsere Welt nachhaltig verändern werden. Wie genau diese Veränderungen jedoch aussehen werden, ist weniger klar. Denn die vernetzte Datenverarbeitung bietet zwar viele Chancen, noch befindet sich die Entwicklung aber in ihren Anfängen. Auch in der Medizin setzt man große Hoffnungen daran, die kostbaren Informationen, die in den digitalen Datenmassen schlummern, sinnvoll zu nutzen. Wer jetzt bei der Forschung und Entwicklung neuartiger Technologien mitmischt, der kann später zu den großen Gewinnern des Booms zählen. Peter Aulbach, Marketingmanager bei Siemens Healthcare, gibt Einblicke in aktuelle und zukünftige Big-Data-Strategien seines Unternehmens.

Peter Aulbach, Marketingmanager bei Siemens Healthcare.
Peter Aulbach, Marketingmanager bei Siemens Healthcare.
Photo: Das Big Business mit Big Data

Erste größere Erfolge gibt es bereits auf dem Gebiet der computerassistierten Detektion zu verzeichnen. Solche CAD-Systeme wie sie etwa bei der Mammographie und dem Lungenscreening zum Einsatz kommen, suchen nach typischen Mustern und erkennen Unregelmäßigkeiten, bei denen es sich möglicherweise um eine pathologische Veränderung handeln könnte. „Die Software markiert die Bereiche im Datensatz, die auffällig sind, und die sich der Anwender genauer anschauen sollte. Es geht also nicht darum, den Radiologen zu ersetzen, sondern ihn lediglich bei seiner Arbeit zu unterstützen, damit er nichts übersieht. Die Befundung an sich erledigt der Arzt immer noch selbst“, erklärt Aulbach.

Noch spannender wird es, wenn solche künstlich-intelligenten Lernprogramme in der Lage sind, prognostische Aussagen zu treffen. Siemens testet dazu gerade eine Software, die zwischen bedrohlichen und nicht-bedrohlichen Koronarstenosen unterscheiden kann. Das Analyseprogramm ermittelt während der Herz-CT-Untersuchung die virtuelle Blutflussreserve (CT-FFR) im Herzkranzgefäß und bestimmt so, ob eine relevante Verengung vorliegt oder nicht. Dadurch könnten in Zukunft unnötige Herzkatheteruntersuchungen vermieden werden.

Was im Zusammenhang mit den Algorithmen, auf denen diese Lernprogramme beruhen, leider kaum zur Sprache komme, so Aulbach, sei der Aspekt der Bildqualität: „Wenn wir signifikante Ergebnisse bei der Analyse und Verarbeitung von Daten erzielen wollen, dann brauchen wir einwandfreie Rohdaten. Bei der Bildakquise ist also höchste Sorgfalt und Genauigkeit geboten, denn es gibt Artefakte, die lassen sich später nicht mehr herausrechnen. Die Robustheit statistischer Auswertungsmethoden steht und fällt also mit dem Source Image.“

In der Gabe von Kontrastmitteln, die von Patient zu Patient unterschiedlich anreichern und deshalb verschiedenartige Bildinformationen produzieren, sieht der Marketingmanager dagegen kein Problem: „Die Dual–Energy-CT ermöglicht eine monoenergetische Bildgebung in der CT, die die verschiedenen Intensitäten von Kontrastmittelanreicherungen in unterschiedlichen Bilddatensätzen automatisch ausgleicht. Es ist also für die vergleichende Analyse egal, ob bei dem einen Datensatz mehr Kontrastmittelanreicherung, bei dem anderen weniger vorhanden ist.“

Noch zielen die eingesetzten Big-Data-Programme lediglich darauf ab, dem Mediziner assistierend zur Seite zu stehen. Mithilfe lernfähiger Computersysteme besteht jedoch auch die Chance, Diagnosen irgendwann sicherer und schneller zu erlangen – ganz ohne den Faktor Mensch. Ein Thema, das auch Siemens interessiert.

Noch ist man aber hauptsächlich damit beschäftigt, eine grundlegende Telekommunikationsbasis aufzubauen. Denn damit eine umfassende Datenverarbeitung betrieben werden kann, müssen die Maschinen erst einmal mit Informationen gefüttert werden. Als global agierender Medizintechnikkonzern hat Siemens Zugriff auf massenhaft brauchbare Daten. Um diese allerdings nutzen zu können, wird das Einverständnis der Kunden benötigt. Mit „teamplay“ baut das Unternehmen ein Cloud-basiertes Netzwerk auf, das von Ärzten, Klinikern und anderen Gesundheitsdienstleistern nicht nur genutzt, sondern gleichzeitig auch gefüttert wird.

Die Kundendaten werden anonymisiert, nach bestimmten Mustern gesammelt und aufbereitet. „Eine der ersten Anwendungen, die wir mit dieser IT-Plattform anbieten, ist die Optimierung von Dosisprotokollen“, berichtet Peter Aulbach. „Aus den Dosiswerten, die von den Anwendern eingehen, werden Muster abgeleitet und evaluiert. Anschließend spielen wir die Ergebnisse an den Kunden zurück. So können größere Krankenhäuser beispielsweise kontrollieren, ob die Grenzwerte ihrer CT-Scanner an allen Standorten auch eingehalten werden. Noch interessanter ist aber, dass sich die Zentren miteinander messen können. Wenn eine Klinik den Anspruch hat, beim Thema Strahlendosis Weltspitze zu erlangen, dann kann sie in unserem System nachsehen, was sie tun muss, um mit den zehn besten Zentren auf diesem Gebiet mitzuhalten. Eine Qualitätssicherung wie sie in der Fertigungsindustrie schon lange Gang und Gäbe ist, ist dann auch im Gesundheitswesen endlich Realität.“

02.03.2016

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