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Wie die Sonographie der Tomographie Konkurrenz macht

Längst wird der medizinische Ultraschall nicht mehr nur für die allgemeine Basisversorgung genutzt, sondern die Technologie entwickelt sich zu immer komplexeren Darstellungsformen weiter, die bis auf funktionelle und zellulare Ebene reichen. Diese fortschrittlichen Ultraschalltechnologien brauchen den Vergleich mit CT und MRT nicht zu scheuen, meint Priv.-Doz. Dr. Friedrich Aigner von der Universitätsklinik für Radiologie der Medizinischen Universität Innsbruck.

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Dr. Friedrich Aigner ist seit 2006 als Oberarzt am Department Radiologie der Medizinischen Universitätsklinik Innsbruck tätig, seit 2011 leitet er vor Ort den Bereich Uroradiologie.

Der Leitende Oberarzt für den Bereich Urogenitale Radiologie erläutert, wie die Sonoelastographie und der kontrastmittelverstärkte Ultraschall (CEUS) mit wenig zusätzlichem Untersuchungsaufwand viele zusätzliche Informationen bereitstellen.

Bei der Elastographie wird sich die Tatsache zunutze gemacht, dass Tumoren im Vergleich zu gesundem Gewebe eher hart und weniger verformbar sind. Das Verfahren ist in der Lage, diese erhöhte Gewebesteifigkeit farblich codiert im sonographischen Bild darzustellen. „Im Prinzip machen wir dabei nichts anderes als der Kliniker, der suspekte Areale mit den Händen abtastet“, erklärt Dr. Aigner, „nur dass wir dafür nicht die Hände, sondern eine Ultraschallsonde verwenden. Mit dem entscheidenden Vorteil, dass wir mithilfe des Verfahrens auch fingerferne Abschnitte – wie zum Beispiel im Rahmen einer transrektalen Untersuchung die Prostata – erreichen können.“

Tumoren zeichnen sich jedoch nicht nur durch ihre erhöhte Gewebesteifigkeit aus, sondern auch durch ihre pathologischen Durchblutungsmuster – an dieser Stelle kommt der kontrastmittelverstärkte Ultraschall ins Spiel. Die gasgefüllten Mikrobläschen erlauben eine erhöhte zeitliche und örtliche Auflösung der Gewebeperfusion. „Die starke Durchblutung im Tumorareal führt dazu, dass das Kontrastmittel nicht nur rascher aufgenommen wird als im umliegenden gesunden Gewebe, sondern in der Regel auch schneller wieder ausgeschwemmt wird“, berichtet der Experte, „über das Perfusionsverhalten gewinnen wir wichtige Erkenntnisse, die uns dabei helfen, eine Läsion zu identifizieren und über die Notwendigkeit einer Gewebeprobeentnahme zu entscheiden.“

In Innsbruck verfolgen Friedrich Aigner und seine Kollegen bereits seit Jahren eine Strategie zur gezielten Biopsie des Prostatakarzinoms, die jetzt – auch bei anderen Anwendungsgebieten – immer mehr im Kommen ist: „Wir kombinieren alle Ultraschalltechniken, also B-Bild, Doppler, Elastographie und CEUS, miteinander zu einer multiparametrischen Bildgebung, wie man sie auch von der Magnetresonanztomographie kennt.“ Dabei hat jede magnetresonanztomographische Technik quasi ihr sonographisches Pendant, das ähnliche Aufgaben übernimmt: Das B-Bild stellt die Morphologie der Prostata ähnlich wie die T2-gewichtete MR-Sequenz dar, während die Elastographie mit der diffusionsgewichteten MR-Sequenz vergleichbar ist, die ebenfalls über die Zelldichte des Gewebes arbeitet. Nicht zuletzt macht CEUS dasselbe wie die kontrastmittelverstärkte MRT, nämlich durchblutungsdynamische Prozesse darzustellen.

Prostatakarzinom Gleason Score 8 rechte äußere Drüse

Für beide Methoden, Ultraschall und MRT, gilt, dass sie signifikante Karzinome sehr gut detektieren. Dr. Aigner weiter: „Aus zahlreichen Studien wissen wir, dass, wenn die Bildgebung negativ ist, zumeist nur kleine und insignifikante Karzinome vorliegen. Das könnte ein Thema für die Vermeidung von Überdiagnose und Übertherapie sein.“

Mit dem kostengünstigen, mobilen und schnell durchführbaren Ultraschall könnte der multiparametrische Ultraschall künftig flächendeckend im primären Setting (auch im niedergelassenen Bereich) angeboten werden. Da der Ultraschall bei Vorliegen von Verkalkungen des Organs und bei sehr großen Prostatae Einschränkungen zeigt, sollte auf das MRT zurückgegriffen werden, insbesondere auch bei negativer Präbiopsie und anhaltendem Tumorverdacht.


Profil:
Priv.-Doz. Dr. Friedrich Aigner absolvierte seine Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin am Bezirkskrankenhaus St. Johann in Tirol. Es folgte die Facharztausbildung für Medizinische Radiologie-Diagnostik am Universitäts-Lehrkrankenhaus Steyr. Seit 2006 ist der gebürtige Niederösterreicher als Oberarzt am Department Radiologie der Medizinischen Universitätsklinik Innsbruck tätig, seit 2011 leitet er vor Ort den Bereich Uroradiologie. 2012 habilitierte Aigner im Fachbereich Radiologie. Wissenschaftliche Schwerpunkte des 48-Jährigen bilden unter anderem die Wertigkeit moderner transrektaler Ultraschalltechniken in der Prostatakrebsdiagnostik, die multiparametrische MRT des Prostatakarzinoms sowie Fusionstechniken in der Uroradiologie.

25.09.2015

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