Personlisierte Krebsmedizin

Metastasierungen und effektive Diagnostik

Bei der Diagnose und effektiven Bekämpfung bösartiger Tumoren arbeiten Pathologen, behandelnde Mediziner und technische Assistentinnen und Assistenten eng zusammen. Dieses Zusammenspiel und der Austausch darüber stehen ebenso im Zentrum der 99. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie e.V. (DGP) und 29. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Zytologie wie modernste diagnostische Verfahren, die es gestatten die Tumor-Metastasen molekularpathologisch, in ihrer zellulären Zusammensetzung, ihrer Funktion und in ihrem Wachstum zu „verstehen“.

Logo Deutsche Gesellschaft für Pathologie e.V.
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Quelle: http://www.dgp-berlin.de/

Krebs kann, als bösartige Geschwulst, in der Regel chirurgisch entfernt oder durch Bestrahlung und medikamentös zerstört werden. Das eigentliche Problem, das eine erfolgreiche Therapie erschwert, sind jedoch Metastasen. Eine wichtige Aufgabe der Pathologie ist es deshalb, diese Absiedlungen bösartiger Tumoren in Organen wie Lunge, Leber, Magen-Darm oder Lymphknoten frühzeitig und präzise zu diagnostizieren, um eine zielgenaue Behandlung zu ermöglichen. Damit werden die Voraussetzungen für eine effektive Krebsbekämpfung geschaffen – hin zu einer personalisierten Medizin.

Diese hat die Behandlung vieler Krebserkrankungen erheblich verbessert in einigen Bereichen sogar revolutioniert. Neuartige Medikamente attackieren gezielt molekulare Veränderungen im Tumorgewebe und helfen damit vielen Krebspatienten. Diese meist teuren Medikamente wirken jedoch nur, wenn die Krebser-
krankung tatsächlich die entsprechende molekulare Veränderung aufweist. Zunächst muss daher eine molekularpathologische Untersuchung am Tumorgewebe genau diese Veränderung nachweisen – erst dann ist ein gezielter Medikamenteneinsatz möglich.


Neue Verfahren beschleunigen die Diagnose

Molekularpathologische Verfahren analysieren hierbei nicht nur die äußerliche Beschaffenheit des Gewebes, sondern auch die Zellzusammensetzung der Metastasen, ihre genetischen Informationen (DNA) und ihre Proteine. In den letzten Jahren wurden neue Verfahren der DNA-Sequenzierung entwickelt, die unter dem Begriff Next-Generation Sequencing (NGS), zusammengefasst werden. Sie beruhen auf der Idee der massiven parallelen Sequenzierung von Millionen DNA-Fragmenten in einem einzigen Sequenzierlauf. Man kann sich das wie ein vielteiliges Puzzle vorstellen, das mit Hilfe eines Sequenziergerätes und Computersoftware zusammengesetzt und „gelesen“ wird.

Die NGS findet seit etwa fünf Jahren Anwendung. Technische Weiterentwicklungen u.a. der Geräte machen es heute möglich, Fragmentieren, Lesen und Ergebnis-Analyse innerhalb weniger Tage durchzuführen – damit ist dieses Verfahren bestens auch dort geeignet, wo eine rasche Diagnose unabdingbar ist und buchstäblich über Leben und Tod entscheiden kann. Zudem haben sich die Anschaffungskosten für die Sequenziergeräte in den zurückliegenden Jahrzehnten drastisch reduziert: von einigen Millionen Euro hin zu etwa 200.000 Euro pro Gerät.

Zunächst in der Forschung für die Identifizierung neuer Krankheits-Gene eingesetzt, hat die Anwendung von NGS mittlerweile das gesamte Feld der Molekularpathologie erobert. Das heißt: Im diagnostischen Bereich können mittlerweile alle monogenen (durch nur ein Gen bestimmte) Krankheitsbilder, ins
besondere auch solche mit ausgeprägter genetischer Heterogenität, umfassend analysiert werden.

Der Weg zur maßgeschneiderten Therapie
Die Analysen gestatten Aussagen über die Herkunft der Tumorzellen und über ihr Verhalten. So ist es möglich, auf molekularer Ebene „maßgeschneiderte“ Gegenstrategien zur Ausbreitung des Krebses zu entwickeln und zu entscheiden, welches Medikament einer Wirkstoffgruppe das Mittel der Wahl sein muss. Ein Beispiel für eine solche Gruppe sind die Thyrosinkinasehemmer, die das Tumorwachstum hemmen und als Standardtherapie bei chronischer myeloischer Leukämie zum Einsatz kommen, aber auch bei Lungenkrebs, Nieren-, Leber- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs eingesetzt werden.

Gesundheitswesen bremst neue Entwicklungen aus
Die deutsche Pathologie nimmt international eine führende Position in der Entwicklung und klinischen Umsetzung der molekularen Tumordiagnostik ein. Sie hat in den letzten Jahren viele Tests mitentwickelt, an großen Tumorkollektiven geprüft und in die Anwendung gebracht.

Dennoch können die Patienten nicht schnell genug und im gewünschten Maße von diesen Entwicklungen profitieren. Die Ursache hierfür sieht die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) in „einem gleich mehrfachen Versagen der Kosten- und Entscheidungsträger im Gesundheitswesen. Während in den letzten Jahren erfolgreich viele neue Medikamente, die gezielt Krebserkrankungen bekämpfen, zugelassen wurden, werden die Umsetzung der hierfür notwendigen Testverfahren nicht unterstützt und ihre Vergütung blockiert. Auch die aufwändige Qualitätssicherung dieser Tests wird weder unterstützt noch vergütet“, kritisiert DGP-Vorsitzender Prof. Dr. Peter Schirmacher. Die Konsequenz sei, dass viel zu wenige Krebspatienten getestet würden und vielen somit eine hilfreiche Therapie vorenthalten werde.

Das heißt: Die Forschung auf diesem Gebiet wird zwar mit öffentlichen Geldern erfolgreich vorangetrieben; die durch diese Forschung verbesserten Therapien werden jedoch indirekt über die mangelnde Berücksichtigung der hierfür erforderlichen molekularen Diagnostik konsequent ausgebremst. Die DGP fordert deshalb eine rasche Lösung, die die Finanzierung innovativer Testverfahren zum Wohle der Patientinnen und Patienten sicherstellt.

Pressekontakt:
Geschäftsstelle Deutsche Gesellschaft für Pathologie e.V.
Jörg Maas, Generalsekretär;
Beatrix Hesse, Assistentin des Generalsekretärs
Robert-Koch-Platz 9, 10115 Berlin
Telefon: +49 (0)30 25 76 07-27, -28
E-Mail: geschaeftsstelle@pathologie-dgp.de
www.pathologie-dgp.de

Mareike Knoke
Die Journalistenetage,
www.journalistenetage.de/mareike-knoke
Prinzessinnenstr. 20, 10969 Berlin
Telefon: +49 (0)30 28 45 28 51
E-Mail:mareike.knoke@gmx.de
 

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Pathologie e.V. (DGP)

01.06.2015

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