Flächendeckende herzchirurgische Versorgung auf hohem Qualitätsniveau

Die Gesamtzahl der Eingriffe in den 79 herzchirurgischen Abteilungen in Deutschland ist weiterhin auf hohem Niveau stabil, die herzchirurgische Versorgung damit bundesweit gesichert. Das machen die Zahlen des Herzberichtes 2013 deutlich, der am Mittwoch der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. So wurden wie in den Vorjahren auch im Jahr 2012 rund 100.000 Herzoperationen durchgeführt.

Prof. Roland Hetzer (rechts) vom Deutschen Herzzentrum Berlin und Dr. Holger...
Prof. Roland Hetzer (rechts) vom Deutschen Herzzentrum Berlin und Dr. Holger Hotz vom Cardio-Centrum Berlin (links) bei der Implantation.
Foto © nickolaus
Prof. Roland Hetzer (rechts) vom Deutschen Herzzentrum Berlin und Dr. Holger...
Prof. Roland Hetzer (rechts) vom Deutschen Herzzentrum Berlin und Dr. Holger Hotz vom Cardio-Centrum Berlin (links) bei der Implantation.
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Gleichzeitig sorgt der demographische Wandel dafür, dass das Alter der herzchirurgischen Patienten weiter ansteigt. Aus diesem Grund sind auch häufiger Begleiterkrankungen bei den Patienten vorhanden, die einer besonderen Beachtung bei der operativen Behandlung bedürfen. Die deutschen Herzchirurgen sind dieser Entwicklung mit der Etablierung minimalinvasiver, schonenderer Operationsverfahren begegnet, so dass auch weiterhin Überlebensraten der Patienten von mehr als 95 Prozent erzielt werden. Diese insbesondere auch im internationalen Vergleich sehr guten Ergebnisse sprechen für eine qualitativ hochwertige Versorgung, welche die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) auch in den nächsten Jahren weiter verbessern möchte. Mit Blick auf die medizinische Versorgung und insbesondere auf die Patientensicherheit sind für eine hochwertige Behandlung aus Sicht der DGHTG die drei Säulen „Qualifizierte Ärzte sowie Pflege- und Assistenzpersonal“, „Strukturierte Prozesse“ und „Geeignete Infrastruktur“ maßgeblich.

Aortenklappenimplantationen: Medizinische Leitlinien beachten
Weiterhin kritisch wird von der DGTHG die im internationalen Vergleich unverhältnismäßig hohe Zunahme der kathetergestützten Aortenklappenimplantationen gesehen, bei denen die verkalkte Aortenklappe zunächst mit einem Ballon an die Gefäßwand gedrückt wird, bevor nach ausreichender Aufdehnung eine biologische Herzklappenprothese implantiert wird. Auch im Jahr 2012 wurden nach den vorliegenden Zahlen für die kathetergestützten Aortenklappenimplantationen derartige Eingriffe entgegen den Empfehlungen der Fachgesellschaften bei Patienten unter 75 Jahren und mit geringem Risikoprofil durchgeführt, was der im Jahr 2012 gemeinsam von den europäischen Fachgesellschaften der Kardiologen und Herzchirurgen publizierten medizinischen Leitlinie widerspricht. „Im Sinne der Patienten wäre die konsequente Umsetzung dieser Leitlinie aber notwendig. Für welche Patienten neben den genannten sehr alten, multimorbiden Personen dieses immer noch relativ neue Verfahren sonst noch infrage kommt, werden erst die langfristigen Ergebnisse aus dem Deutschen Aortenklappenregister zeigen“, so Professor Jochen Cremer, Präsident der DGTHG.

Die DGTHG plädiert auch nachdrücklich dafür, die weiteren Vorgaben der Leitlinie für die Behandlung von Herzklappenerkrankungen in vollem Umfang einzuhalten. Ein wesentliches Kriterium bei der Entwicklung der Leitlinie war die Patientensicherheit. Deshalb wurde gemeinsam von Kardiologen und Herzchirurgen in der Leitlinie festgelegt, dass qualifizierte Ärzte, strukturierte Prozesse und eine geeignete Infrastruktur vor Ort vorhanden sein müssen, um die kontinuierliche Behandlung zu ermöglichen und auch bei Komplikationen mit der notwendigen Kompetenz sowie dem jeweiligen Fachwissen gemeinsam den Patienten in bei dieser Therapie vorkommenden lebensbedrohlichen Situationen retten zu können.

Stabilisierung bei der Zahl der Bypass-Operationen
Mehr als die Hälfte der herzchirurgischen Eingriffe am Herzen machten im Jahr 2012 wiederum die koronaren Bypass-Operationen zur Behandlung von Erkrankungen der Herzkranzgefäße aus. Im Jahresvergleich 2012 zu 2011 zeigt sich eine Stabilisierung bei rund 55.000 Bypass-Eingriffen. Dies ist aus Sicht der DGTHG ein Zeichen für eine mehr als bisher an sachlich-medizinischen Gesichtspunkten orientierte Entscheidung bei der Therapieentscheidung. Denn diverse Studien zeigen, dass die Bypass-Operation gerade bei Befall mehrerer Herzkranzgefäße sowie komplizierteren Verengungen insbesondere im Hinblick auf die Überlebensrate und die dauerhafte Lebensqualität der Patienten nach dem jeweiligen Eingriff die bessere Wahl ist. Daher hatten die Fachgesellschaften von Herzchirurgen und Kardiologen in medizinischen Leitlinien auch bei der Behandlung dieser Erkrankung festgelegt, dass ein interdisziplinäres Team bestehend aus einem Herzchirurgen und einem Kardiologen gemeinsam für jeden Patienten individuell festlegen soll, ob eine Bypass-Operation oder eine Stentimplantation die richtige Therapie ist. „Wir raten den Patienten bei der Auswahl einer Klinik gezielt nachzufragen, ob ein solches Herzteam zur Verfügung steht. Wenn nicht, ist unsere Empfehlung, sich auf jeden Fall sowohl von einem Kardiologen als auch von einem Herzchirurgen beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass man wirklich die für den individuellen Krankheitsfall beste Behandlung erfährt“, so Professor Anno Diegeler, Sekretär der DGTHG.

Weiter sinkende Zahl an Spenderherzen
Eine aus Sicht der Herzchirurgen dramatische Entwicklung setzt sich bei den Zahlen der Herztransplantationen in Deutschland fort. An den 22 Transplantationszentren in Deutschland, die Spenderherzen transplantieren, sind diese Eingriffe seit 1997 deutlich zurückgegangen. Und dieser Negativtrend hält weiter an: Im Jahr 2012 wurden in Deutschland 346 Herz- und Herz-Lungentransplantationen durchgeführt, 20 weniger als noch 2011. Nach Zahlen von Eurotransplant sind die Herztransplantationen im Jahr 2013 auf 297, die Herz-Lungen-Transplantationen auf zwölf zurückgegangen. „Wir Herzchirurgen erleben jeden Tag das Leid unserer zurzeit rund 1.000 Patienten auf den Wartelisten. Aufgrund ihres lebensbedrohlichen Erkrankungszustandes müssen viele dieser schwerst-herzkranken Menschen meist mehrere Monate auf einer Intensivstation auf die lebensrettende Transplantation warten“, so Diegeler. Um die Menschen am Leben zu halten, bis ein geeignetes Spenderorgan zur Verfügung steht, aber auch aufgrund der fehlenden Spenderherzen immer häufiger als Dauerlösung, wird von den Herzchirurgen zunehmend auf Herzunterstützungssysteme zurückgegriffen.
 

30.01.2014

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