Die Schlüsselrolle der MRT beim Zervixkarzinom

Moderne Bildgebungsverfahren erleichtern die Therapiewahl

Das klinische Staging des Zervixkarzinoms erfolgt nach Kriterien der Fédération Internationale de Gynécologie et d'Obstétrique (FIGO) erläutert Dr. Evis Sala, Direktorin der Abteilung für gynäkologische Radiologie am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York, „weil die Mehrheit der Zervixkarzinome in Entwicklungsländern auftritt, wo der Zugang zu MRT-Systemen und Bildgebung überhaupt sehr begrenzt ist. Die Diagnose basiert daher auf einem Abstrich, der Beurteilung der klinischen Symptome und einer klinischen Untersuchung.“

Photo: Die Schlüsselrolle der MRT beim Zervixkarzinom

Obwohl die MRT schon seit mehr als zwei Jahrzehnten zur Beurteilung der Ausdehnung von Zervixkarzinomen herangezogen wird, erkannte die FIGO erst 2009 an, dass die CT und insbesondere die MRT, wenn verfügbar, für die Diagnostik relevant sind. Für Evis Sala, war das ein bedeutender Schritt, um die Bildgebung beim Staging des Gebärmutterhalskrebses fest zu etablieren. Warum das so wichtig ist, erklärt die Expertin im Gespräch mit dieser Zeitung.

Welche wesentlichen Vorteile hat die Bildgebung für das Staging von Gebärmutterhalskrebs?
Dr. Evis Sala: Die Bildgebung spielt für die Patientin in allen Phasen eine wesentliche Rolle. Bei ganz jungen Frauen, die ihre Fertilität erhalten wollen, wird eine sogenannte Trachelektomie durchgeführt. Dabei wird der Tumor zusammen mit dem Gebärmutterhals entfernt, ohne die Gebärmutter selbst in Mitleidenschaft zu ziehen. Studien haben belegt, dass Frauen nach einem solchen Eingriff schwanger werden und das Kind normal austragen können. Spezialisten, die diese Operation durchführen, benötigen sehr genaue die Informationen, um zu entscheiden zu können, ob der Eingriff indiziert ist. Und hier kommt die MRT ins Spiel: Sie kann in fast 100 Prozent der Fälle zeigen, ob die Patientin für eine Trachelektomie in Frage kommt und sie ermöglicht darüber hinaus die genaue Planung des Eingriffs.

Über die Fragen der Fertilitätserhaltung hinaus eignet sich die MRT auch gut für die Bestimmung des Tumorstadiums: Ist der Tumor klein und das Parametrium noch nicht befallen, werden die Gebärmutter und das angrenzende Gewebe entfernt. Hat sich das Karzinom aber schon in das angrenzende Gewebe ausgedehnt, ist eine Strahlentherapie indiziert. Die MRT ist wesentlich präziser in der Diagnose als das klinische Staging, insbesondere in den Frühphasen des Parametriumbefalls.


In welchen weiteren Bereichen ist die MRT hilfreich?
Auch für die Beurteilung von Tumorrezidiven spielt die MRT eine wichtige Rolle, da sie diese insbesondere im Becken und in den Lymphknoten sehr gut darstellt. Im Zusammenspiel mit der PET-CT beantwortet die MRT Fragen hinsichtlich Fernmetastasen, wobei die PET-CT gerade bei der Frage nach Lungenmetastasen sehr wichtig sein kann.

Ganz allgemein gesprochen liefern funktionelle MRT-Techniken wie die Perfusions- oder die Diffusions-MRT Informationen über die Tumorbiologie. Auch die Quantifizierung von Veränderungen nach der Therapie ist möglich. Die dynamische kontrastverstärkte MRT zeigt die Tumorperfusion, während die diffusionsgewichtete MRT die Wasserbewegung misst und so Rückschlüsse auf die Tumorzelldichte und den Status der Zellmembranen zulässt. MRT-Parameter, die schon zu Beginn der Radiochemotherapie auf eine heterogene Tumorperfusion und kleinste Veränderungen der Tumorgröße hinweisen, sind unabhängige und bessere Prädiktoren für ein Rezidiv des Tumors als klinische prognostische Faktoren. Die diffusionsgewichtete MRT hilft bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Zervixkarzinom, das frühe Ansprechen auf die Radiochemotherapie festzustellen. Kurz gesagt: Quantitative Parameter funktioneller MRT-Techniken wie Perfusions- und Diffusions-MRT können bei Patientinnen mit Zervixkarzinom als prognostische und prädiktive Biomarker fungieren.


Welche künftigen Entwicklungen sehen Sie?
Eine der wichtigsten Entwicklungen wird der Einsatz der Hybridbildgebung bei Patientinnen mit Zervixkarzinom sein. Die MR/PET verknüpft die erstklassige Weichteilauflösung der MRT für das lokale Staging mit den aussagekräftigen metabolischen Informationen aus der PET. Lokales Staging und Beurteilung der Fernmetastasen sind eine wesentliche Grundlage der Therapieplanung. Unterstützt durch die quantitative Leistungsfähigkeit der Hybridbildgebung geht der Trend also eindeutig weiter in Richtung einer Individualisierung der Behandlung.
 


PROFIL:
Dr. Evis Sala studierte Medizin an der Universität Tirana, Albanien. Nach Magister und Promotion an der Universität Cambridge in England, arbeitete sie als Assistenzärztin in der Radiologie des Cambridge University Hospital. Ein Forschungsstipendium führte sie anschließend an das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York, bevor sie 2005 als Dozentin und Honorary Consultant an die Universität Cambridge zurückkehrte. Im Juli 2012 wechselte Dr. Sala als Direktorin der Abteilung gynäkologische Radiologie endgültig an das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center. Dr. Sala, deren Schwerpunkt die onkologische Bildgebung des Urogenitaltrakts ist, hat mehrere Preise und Auszeichnungen für ihre Arbeit erhalten.

23.01.2015

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